High Camp auf 4850 Meter – Eisige Kälte, dünne Luft, und das Biest liegt direkt vor mir: Der 5400 Meter hohe Thorung La Pass.
Die Kälte ist für mich inzwischen nichts neues mehr, denn in den letzten Tagen sanken die nächtlichen Temperaturen mit zunehmender Höhe tief unter 0. Die letzte Nacht im auf 4300 Metern gelegenen Ledar war bis jetzt die härteste. Ich wickelte mich fest in meinen Schlafsack ein und warf noch eine Decke darüber. Trotzdem konnte ich kaum schlafen, da entweder die Kälte irgendeinen Weg fand, zu meinem Körper durchzudringen, oder sich die Luft so dünn anfühlte, dass ich aufwachte und nach Sauerstoff schnappen musste.
Am Morgen nach einer solchen Nacht schießen mir regelmäßig Gedanken durch den Kopf, warum ich mir das antue. Doch sobald ich den ersten Kälteschock überwunden habe, nachdem ich aus dem Schlafsack gekrochen bin und die ersten Schritte durch die atemberaubende Landschaft laufe und bald auch noch die wärmenden Sonne auf mich strahlt, weiß ich: Dieser Trekk ist eines der größten Erlebnisse, die ich jemals auf Reisen hatte. Auf 4000 Metern Höhe von 8000 Meter hohen Gipfeln umgeben zu sein, ist einfach unbeschreiblich.
Die israelische Gruppe, mit der ich seit ein paar Tagen unterwegs bin, ist inzwischen auf 13 Leute angewachsen. Ich bin der einzige Nicht-Israeli und habe echt eine gute Zeit mit den Leuten. Ich muss zugeben, dass ich im Laufe meines Traveller-Lebens ein paar Vorurteile gegen israelische Traveller angesammelt habe. In Südamerika habe ich oft erlebt, dass sie in großen Gruppen zusammensteckten und kaum jemanden von außen rein ließen. Und auf einmal bin ich mitten drin und merke, dass das richtig coole Leute sind.
Nichtsdestotrotz will ich nicht ewig in so einer großen Gruppe unterwegs sein, in ein paar Tagen gehe ich sicher wieder meine eigenen Wege. Große Gruppen bedeuten auf die Dauer einfach zu viele Kompromisse.
Im Moment kann ich aber nicht viel weiter als bis morgen denken, denn dann steht die größte Tagesaufgabe an: Die Überquerung des Thorung La. Es wird in der Nacht in bitterer Kälte losgehen, der Mangel an Sauerstoff wird nur Tippelschritte zulassen, so dass es Stunden dauern wird, die 600 Höhenmeter zu bewältigen, bis es schließlich wieder abwärts geht. Und die kommende Nacht wird wohl wieder weitgehend schlaflos werden aufgrund der Kälte und mangelndem Sauerstoff.