Verkäuferin auf dem Markt von Jagdalpur

Jagdalpur – Stammesmärkte und „Disco-Party“

Ich habe das Gefühl, dass inzwischen so ziemlich jeder in Jagdalpur ein Foto von oder mit mir gemacht hat. Als ich auf eine „Disco-Party“ ging, wurde ich kurzerhand auf die Bühne gezerrt.



 

Ich bin vor 3 Tagen in Jagdalpur im Bundesstaat Chhattisgarh angekommen. Jagdalpur ist die Hauptstadt der Bastar-Region, die hauptsächlich von Stammesbevölkerung bewohnt wird. Die Stämme sind die ältesten Ureinwohner Indiens, die schon vor tausenden von Jahren hier lebten, bevor andere Volksgruppen aus dem Norden zuwanderten.

Entspannte Stimmung in der Stadt
Entspannte Stimmung in der Stadt

In Jagdalpur habe ich mich vom Zeitpunkt meiner Ankunft an gleich richtig wohl gefühlt. Die Stadt ist eine interessante Mischung aus Alt und Neu: Es gibt Ecken, die wie ein kleines Dorf aussehen, wo Kuhställe neben kleinen Hütten stehen. Dann gibt es wiederum Straßen, in denen sich Smartphone-Shops mit Jeansläden abwechseln.

Stammesmärkte in Jagdalpur

Über allem liegt eine ziemlich entspannte Stimmung und im Gegensatz zu anderen Orten wird hier der Müll auch hin und wieder vom Straßenrand gefegt, so dass sich keine Massen davon anhäufen wie anderswo in Indien. Sonntag ist Markttag in Jagdalpur, dann kommen Stammesbewohner aus den umliegenden Dörfern in die Stadt, um ihre Waren feil zu bieten.

Verkäuferin auf dem Markt von Jagdalpur
Verkäuferin auf dem Markt von Jagdalpur
Markttreiben in Jagdalpur
Markttreiben in Jagdalpur

Ich lernte hier sehr nette Einheimische kennen, zum Beispiel einen 28jährigen Inder, der mich zu einem Dosa (Reismehl-Pfannkuchen) einlud. Er hatte Geburtstag und erzählte mir, dass er auf den Anruf seiner Freundin wartete. Sein Vater dürfe aber nichts von ihr wissen, sonst würde er ausrasten und ihn verprügeln. Er hat eine arrangierte Ehe für ihn vorgesehen und zeigt ihm schon dauernd Fotos von Kandidatinnen, woraufhin Sharif jedes Mal einen anderen Grund erfindet, warum diese ihm gerade nicht gefällt. Echt seltsam diese arrangierte Ehegeschichte.

Ein Fremder kauft mir Sandalen

Ich bin hier im Ort nach ein paar Tagen bekannt wie ein bunter Hund und die halbe Stadt hat inzwischen Fotos von und mit mir gemacht, nach Jagdalpur verirren sich wohl nicht oft Touristen. Ein älterer Typ namens Shafi muss großer Deutschland-Fan sein, er weiß genau, seit wann Angela Merkel Kanzlerin ist und dass Gerhard Schröder dicke Zigarren zu rauchen pflegte. Er ließ es sich nicht ausreden, mir in einem Schuhgeschäft ein paar Sandalen zu kaufen und einfach so zu schenken. „Welcome to India!“ sagte er dazu. Verrücktes Land.

Prinzenpalast von Jagdalpur
Prinzenpalast von Jagdalpur

Heute Abend sollte in Jagdalpur eine „Disco Party“ in der Stadthalle steigen, wie ich auf einem Plakat gelesen hatte. Das wollte ich mir anschauen und so landete ich auf so ziemlich der seltsamsten Party ever. Es waren vielleicht so 100 Kerle anwesend und nur 5 oder 6 Frauen, alle so zwischen 16 und 30, würde ich sagen. Der DJ spielte keine Musik, sondern vor ihm auf der Bühne faselten ein paar Typen irgendwas ins Mikro und machten Fotos von sich gegenseitig. Als ich gesehen wurde, was nur ein paar Sekunden dauerte, wurde ich hoch auf die Bühne geholt, jeglicher Widersprunch war zwecklos.

"Disco-Party" in der Stadthalle
„Disco-Party“ in der Stadthalle

Plötzlich auf der Bühne

Nun wurde ich kurz interviewt, von den Fragen verstand ich kaum etwas, deshalb sagte ich einfach dass die Party super und Indien ein schönes Land sei. Plötzlich streckten sich mir Hände vom Bühnenrand entgegen, die von mir geschüttelt werden wollten. Dann kamen von allen Seiten Leute mit Handys oder Kameras auf mich zu und rissen sich darum, mit mir fotografiert zu werden. Ich schaffte es irgendwann, aus dem Zentrum den Geschehens an den Rand der Bühne zu flüchten, dann startete der DJ endlich die Musik.

Als ich mich kurz darauf mal für eine Minute auf die Tanzfläche wagte, war ich wieder von einer Meute umgeben, die sich darum riss mit mir zu tanzen. Für mich war das auf jeden Fall eher Stress als Vergnügen und ich musste befürchten, in den Gedrängel zu Schaden zu kommen. Also flüchtete ich nach 20 Minuten wieder und trat den Rückzug ins Hotel an.

Indischer Soldat zum Schutz vor Naxal-Kämpfern
Indischer Soldat zum Schutz vor Naxal-Kämpfern

Morgen werde ich für ein paar Tage in die Stammesdörfer der Bastar-Region aufbrechen. Ist nicht so ganz ohne, denn die Chhattisgarh ist eine Hochburg von Naxal, einer maoistischen Guerilla-Organisation, die die einen als Terroristen, die anderen als Widerstandskämpfer bezeichnen. Ich habe mir deshalb einen Führer organisiert, der Gegend und Leute kennt und mich hoffentlich heil da durch bringen wird.

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