Ein Tag geht, die Nacht kommt



 

Als Johannes und ich heute wieder zu uns kamen, sahen wir, was wir angerichtet hatten. Scheinbar hatten wir uns nachts im Zelt quer über unser Essen gewälzt, auf jeden Fall war das Brot nun nur noch ein verdichteter Krümelhaufen und das Obst ein stinkender Brei. Zum Glück war die Salami hart genug, dass diese Aktion ihr nichts anhaben konnte.

Wie sollten wir ohne Essen die nächsten zwei Tage überleben? Johannes, körperlich und geistig wieder erstaunlich fit, hatte die geniale Idee, die größeren Stücken der verklumpten Brotmasse zu retten. Mit etwas Belag waren sie in der Tat wieder eine recht essbare Malzeit, zusammen mit der Pommesbude auf dem Festival sollten wir so überleben können.

Wir hingen noch bisschen am Feuer rum, wo Jimmy die Meute von 10 Leuten vergeblich zu motivieren versuchte, neues Holz vor Einbruch der Dunkelheit zu suchen. „Leute, ihr könnt nicht den ganzen Tag kiffen und am Feuer sitzen, ihr müsst Holz finden, so lange es hell ist, sonst gibt’s gleich kein Feuer mehr!“ „Jaja“, war die gechillte Antwort, aber keiner rührte sich. Nach einer Stunde erbarmten sich endlich Jens und Boris und schleppten mit Jimmy zusammen ein paar Äste ran.

Dann brach die Nacht an, wir chillten noch bisschen und tranken Bierchen am Feuer, gleich geht’s wieder los auf die Piste!

Partystart mit Hindernissen



 

Gestern ging es endlich los ins Goa-Land. Drei Nächte würden wir dort bleiben, also deckten wir uns vorher mit Brot, Wurst und ’ner Buddel Wodka ein. Die Party stieg in Valle Hermoso am Meer, der Bus fuhr aber nur bis ins Inselinnere. Also stellten wir uns an die Straße und versuchten zu trampen. Allerdings kam nur alle 10 Minuten ein Auto vorbei, deshalb standen wir ’ne ganze Weile rum. Es war sowas von still, wie man es selten erlebt, perfekt um im Gandalf-Style aus vollem Halse zu brüllen: „DUUUUU… KOMMST NICHT… VORBEIIIIIII!!!“ Herrlich erfrischend.

Nach ’nem Stündchen hielt endlich ein Auto mit zwei Mädels mittleren Alters an, die auch zur Goa-Party wollten. Wir passten mit unseren Riesenrucksäcken und dem Zelt kaum rein, aber mit etwas Gequetsche ging’s dann doch.

Am Partyplace angekommen mussten wir uns erstmal die Augen reiben: Es waren erst 50 verstreute Gestalten zu sehen, die am Rand einer Wiese rumhingen. Als wir in ihre Richtung steuerten, wurden wir mit einem sarkastischen: „Willkommen in der Camping-Area!“ begrüßt. Schnell stellte sich heraus, dass nichts richtig lief und Organisator Dirk der größte Trottel auf Erden zu sein schien. Die Wiese durfte nicht betreten werden, weil Dirk sich wohl mit dem Vermieter nicht über die Kohle einig geworden war. Einige Leute hingen schon eine ganze Nacht ohne Zeltplatz rum und waren entsprechend sauer.

Wir setzten uns auf ’ne Mauer, machten unseren Wodka auf und ließen die Stimmung erstmal auf uns wirken. Die schien recht bald zu kippen, als mehr und mehr Partyvolk eintrudelte und von Dirk’s Mitarbeitern daran gehindert wurden, ihre Zelte aufzuschlagen. Ich zog mit ’ner Gruppe Frustrierter zum Eingangsbereich und langsam stellte sich heraus, dass jeder seiner Mitarbeiter Dirk für ’nen Psychopathen hielt. Seine eigenen Leute! Keiner von ihnen konnte die Lage beruhigen, alle wollten nur noch Dirk in die Finger kriegen. Man versprach, ihn zu holen, er tauchte aber einfach nicht auf. War wohl auch gesünder für ihn, wahrscheinlich hätte man ihn sonst am nächsten Baum aufgeknüpft. :)

Gerüchte machten die Runde, dass der Typ vor zwei Wochen angereist sei und arrogant wie eine Sau angefangen hätte, die Party zu organisieren, ohne ein Wort spanisch oder englisch zu sprechen. Inzwischen hatte er sich wohl mit den Besitzern des Geländes ordentlich verkracht. Zur Zeltproblematik soll er gesagt haben: „Das sind Goa-Leute, die suchen sich schon irgend ’nen Platz in der Tälern.“

Johannes und ich steurten bisschen durch’s Gelände, die Location war auf jeden Fall cool. Ein Teil der Partyarea war ein Open-Air Dancefloor um zwei große Pools. Der andere Teil war eine Festung am Meer im „Fluch der Karibik“ Style. Wir lernten einen DJ namens Mucri kennen, schnackten ’ne Runde und schlürften weiter Wodka, kurz darauf trafen wir Boris, Jens und Jimmy wieder

Um 8 Uhr machte die Party-Area endlich auf. Zelten sollten die Leute jetzt woanders, auf einem steinigen Boden nicht weit von der Tanzfläche. Zum Glück hatten wir Luftmtratzen gekauft, da war uns der Untergrund relativ egal. Inzwischen waren wir so besoffen, dass wir den Zeltaufbau komplett nicht mehr rafften. Unsere Rettung hieß Jens, der mit ein paar geübten Handgriffen das Ding zum stehen brachte. Gerade noch rechtzeitig, denn es wurde stockfinster… jetzt konnte es losgehn, Party hard!

Regentag



 

Pünktlich um 8 Uhr stand ich heute morgen vor der Ferreteria. Irgendwie hatte ich immer noch Schiss, dass das Zelt nicht mehr da wäre, ich stürmte direkt nach der Ladenöffnung zum Regal… und wer hätte es gedacht, Zelt und Schlafsäcke waren noch da! Also gekauft, eingepackt, zurück in die Ferienwohnung und nochmal geratzt.

Das Wetter war heute aber alles andere als berauschend, alles war grau und es stürmte und regnete in Strömen. Nun dann, ein Chillout-Tag ist auch mal nicht schlecht, nach dem zweiten Aufwachen baute ich auf unserem Nachtschränkchen alle Frühstücks-Utensilien auf, so dass wir das Bett nicht verlassen mussten.

Johannes las die Süddeutsche zum 10. Mal und ich die Debug. Dann ging ich ins Internetcafe um bisschen zu surfen und zu bloggen. Und YES, der Besitzer fragte mich, ob wir ein Zelt gefunden hätten. Sicher doch, sagte ich so lässig wie ich konnte. Er staunte nicht schlecht, die Laberbacke.

Ansonsten war mit dem Tag nicht mehr viel anzufangen, nochmal in den Spiegel und die Debug geguckt, danach Luftmatratzen und bisschen Festivalzeugs gekauft. Bei Regen kann man auf Gomera nicht viel machen, zum Glück hat der Wetterbericht für den Rest der Woche strahlenden Sonnenschein angesagt.

Wandertag und ein Wunder



 

Zum Meditationszentrum hat’s Johannes natürlich nicht geschafft. :) Stattdessen haben wir lange geschlafen und dann ausgedehnt auf unserer Terasse gefrühstückt. Dazu gab’s ’nen herrlichen Meerblick, was will man mehr? Wir lernten einige freundliche Gestalten kennen, die auch in unserem Häuschen lebten, allesamt etwas älter, zwischen 35 und 45, aber sehr entspannt drauf. Das scheint bisschen der typische Gomera-Urlaubertyp zu sein. Viele waren früher schonmal da, wahrscheinlich zu etwas wilderen Zeiten und wollen nun nach 20 Jahren mal schauen, wie’s jetzt ist. Lustig ist, dass die Männer unter den Touris alle fast identisch aussehen: Groß, Kurzhaarschnitt, Brille und schlank. Sie sind wirklich alle schlank, was in diesem Alter eigentlich alles andere als normal ist. Teilweise sehen sie sich so ähnlich, dass ich sie nicht auseinanderhalten kann. Sehr seltsam.

Gegen 14 Uhr beschlossen wir endlich unser lang gehegtes Vorhaben in die Tat umzusetzen und wandern zu gehn. Ein Paar aus unserem Ferienhaus lieh uns einen Wanderführer, wir beschlossen, einen 1000 Höhenmeter-Aufstieg ins nächste Dorf anzugehen. Laut Wanderführer sollte das zweieinhalb Stunden dauern. Maßlose Übertreibung, dachten wir, und nahmen uns vor, in zwei Stündchen oben zu sein.

Die ersten Kilometer waren nicht gerade berauschend, wir liefen in einem ausgetrockneten, hässlichen Flussbett entlang und bogen noch dazu falsch ab, was uns ein Stück Asphaltstraßenmarsch bescherte. Nachdem wir die Zivilisation hinter uns gelassen hatten wurde es aber echt spektakulär. Wir liefen an tiefen Schluchten und grünen Tälern vorbei, der Weg wand sich immer höher in die Berge empor. Nach jeder Biegung gab es neue atemberaubende Ausblicke.

Allerdings machte uns etwas stutzig, dass uns zwar viele Wanderer entgegen kamen, aber keiner in unsere Richtung lief, scheinbar waren alle schon auf dem Rückweg. Inzwischen waren auch zwei Stunden vergangen und noch kein Ziel in Sicht. Wir hofften, oben im Dorf einen Bus zurück ins Valle zu finden, sonst hätten wir ein Problem, denn bis zum Einbruch der Dunkelheit würden wir den Rückweg nicht schaffen.

Nach einer weiteren Stunde kamen wir endlich oben an. Dauerte doch länger als gedacht, waren wir solche Weicheier? Alles in allem war es aber trotz der 1000 überwundenen Höhenmeter ein recht einfacher Aufstieg. Ich erinnerte mich an die Besteigung des über 6000 Meter hohen Huayna Potosi in Südamerika. Am Tag der Gipfelbesteigung stiegen wir von 5000 auf 6000 auch nicht mehr als 1000 Höhenmeter auf und viel steiler war es dort auch nicht. Trotzdem war das eine so unendlich größere Anstrengung, dass mir richtig bewusst wurde, welche große Rolle der Sauerstoff dabei spielte.

Im Dorf fragten wir in einer Kneipe nach dem Busfahrplan. An der Bar saß ein Taxifahrer, der anbot, uns für 25 Euro mit dem Taxi runter zu fahren. Wir teilten uns das mit drei älteren Touris, die auch in der Kneipe rumsaßen. Auf dem Rückweg fragte ich, wie lange sie für den Aufstieg gebraucht hatten. Als ich hörte, dass sie fünf Stunden unterwegs waren, fühlte ich mich in meiner Trekker-Ehre wieder rehabilitiert. :)

Am Abend suchten wir uns ein Internetcafe, um uns bisschen über das Goa-Festival zu informieren. Die Fotos von der Location sahen echt cool aus, angeblich wurden auch schon 2000 Tickets verkauft. Der Internetladen war bisschen esotherikmäßig eingerichtet und gehörte einem ausgewanderten Deutschen, den Johannes bisschen über das Festival ausfragte. Was er sagte, klang allerdings nicht gerade ermutigend. „Ich sag’s euch, das wird nichts. Es gibt nur eine Zufahrtsstraße, die wird die Polizei absperren, jedes Auto durchsuchen und alles rausziehn!“ Und wo können wir ein Zelt kaufen? „Zelte könnt ihr vergessen, ich kenne die Veranstalter, die haben alle Zelte auf der Insel aufgekauft!“

Wir bekamen außerdem mit, dass ganz Gomera seit Wochen außer Rand und Band war, weil keiner dieses Festival dort haben wollte. Wahrscheinlich hatten sie Angst, dass eine Horde Druffies alles kurz und klein schlagen und den Untergang des Abendlandes einläuten würde. Wir überlegten hin und her, ob wir im Valle bleiben oder zum Festival fahren sollten. Unser Hauptproblem war nach wie vor das Zelt.

Wir zogen bisschen durch die Geschäfte und landeten schließlich in einer Ferreteria, so nennt man dort die Gemischtwarenläden. Und als hätte der Himmel seine Finger im Spiel gehabt, lag dort ein einziges Zelt mit zwei Schlafsäcken herum, wie für uns bereit gelegt. Wir wollten noch eine Nacht drüber schlafen und fragten, wann der Laden morgens aufmachte. Um 8 Uhr öffnen die Pforten wieder, sagte man uns. Direkt hinter uns wurde auch abgeschlossen, also konnte uns niemand mehr das Zelt wegschnappen.

Bei ’nem Bierchen auf unserer Terasse fiel uns dann die Entscheidung nicht mehr schwer: Ein Zelt, zwei Schlafsäcke, das musste ein Zeichen sein. Goa Party, wir kommen! Das wird ein Spaß, Silvester unter freiem Himmel tanzen! Morgen früh werde ich um halb 8 aufstehen und zur Ferreteria stürmen, um direkt nach der Ladenöffnung das Zelt zu kaufen. Gerade gehen uns noch Gedanken durch den Kopf wie: Es könnte nachts ein Kumpel des Besitzers bei der Ferreteria anrufen, sagen, dass er ein Zelt braucht und es nachts dort abholen. Aber das sind jetzt echt Paras, der Internetcafebesitzer war einfach ’ne Laberbacke und ein Spinner vor dem Herrn.

Sonne, Strand und Partyhoffnung



 

Na wenn das mal kein Wink des Himmels ist! Heute früh sind wir mit dem Bus zum Valle Gran Rey aufgebrochen, unterwegs haben wir zwei Jungs aus Deutschland kennen gelernt. Die fragten, ob wir auch zur Party wollten. Welche Party? Na das Goa-Festival auf Gomera, das über Silvester steigt!

Konnte das wirklich wahr sein? Seit Tagen überlegten wir, was wir Silvester machen könnten, ich hab uns schon fast mit englischen Hooligans in ’ner Kneipe in Los Cristianos feiern sehn, und jetzt sowas! So ganz traue ich dem Braten zwar noch nicht, aber es scheinen ’ne ganze Menge Leute extra deswegen anzureisen. Die beiden Jungs heißen Jens und Boris und erzählten uns, dass der Veranstalter wohl schon 1500 Tickets verkauft hätte. Das sind ja mal perfekte Aussichten! Außerdem lernten wir einen verpeilten Indianer namens Jimmy kennen. Er war schon über 50 und quatschte jeden an, den er gerade traf. Scheinbar war er auf sämtlichen Festivals, die es gibt auf dieser Welt. „Hier ist’s super,“ meinte er, „aber Thailand ist anders. Da wird gleich 7 Tage gefeiert, hier ist’s zu kurz, 7 Tage musst du feiern!“

Die Busfahrt führte uns durch unglaubliche Landschaften. Wir konnten einige Blicke in tiefe, grüne Canyons erhaschen, hier sollten wir unbedingt mal richtig schön wandern gehn. Bisschen Sorgen machte ich mir über unsere bislang nicht vorhandene Unterkunft. Die Jungs meinten, es sei gerade Hauptsaison und alles wäre ausgebucht. Johannes und ich gingen taktisch vor. In Valle Gran Rey angekommen, stiegen wir etwas vor den anderen aus. Wir wollten an eine Telefonzelle stürmen und von dort aus ein Zimmer reservieren, bevor der restliche Pulk aus dem Bus die Hotels erreichen konnte. Aber so einfach war das nicht, denn es war wirklich so gut wie alles belegt. Nach ’ner halben Stunde bot man uns endlich ein Doppelzimmer für 35 Euro an, allerdings nicht direkt am Meer und ohne Ausblick.

Egal, ich war froh, überhaupt was gefunden zu haben. Auf dem Weg dorthin sah Johannes ein Schild an einem Haus „Ferienwohnung zu vermieten“. Ich war schon leicht angenervt und dachte „teuer oder belegt“, aber Johannes wollte unbedingt fragen. Zum Glück, denn wir bekamen ein super Doppelzimmer für 30 Euro, außerdem konnten wir die Küche und Terasse mit Meerblick benutzen.

Es war ein paradiesischer Tag, strahlende Sonne und herrliche Wärme. Wir machten einen Ausflug zur Schweinebucht, wo es außer einem ungemütlichen Steinstrand und einem eigenartigen Meditationszentrum allerdings nicht viel zu sehen gab. Der Sandstrand etwas weiter vorn war das schon wesentlich einladender. Und endlich sprangen wir zum ersten Mal in diesem Urlaub ins Meer, was für ein Gefühl! Dann begegneten uns Boris, Jens und der Indianer wieder, die immer noch auf Zimmersuche waren. Schließlich fanden sie was über einen Bekannten von Jimmy (was so ziemlich jeder Mensch zu sein scheint, den er trifft), und zogen dort ein.

Abends wurde es richtig nett im Valle. Am Strand wurde getrommelt, Didgeridoo gespielt und gechillt. Früher war Gomera das Aussteiger- und Hippieparadies, davon soll heute angeblich nicht mehr viel übrig sein, aber da konnte man ein bisschen das alte Flair schnuppern.

Auf dem zentralen Plaza lernten wir zwei deutsche Chicas kennen. Überhaupt scheint jeder Ausländer auf der Insel Deutscher zu sein, überall gibt’s deutsche Geschäfte, deutsche Schilder, aber nicht unangenehm, weil’s doch ein recht gechilltes, etwas alternatives Völkchen ist. Die Chicas hatten sich auf der Insel kennen gelernt und konnten unterschiedlicher kaum sein. Eine war ganz lustig partymäßig drauf und überlegte, auch auf’s Festival zu fahren. Die andere, Donia, war so ziemlich die ruhigste, langweiligste Person, die ich je getroffen habe. So langweilig, dass es schon fast wieder faszinierend war.

Sie kam aus einem bayrischen Dort und wollte mal was total krasses machen, also flog sie weg. Die Entscheidung fiel zwischen Indien und Gomera, aber Indien war dann wohl doch zu heftig. Also landete sie im 5-Sterne-Hotel auf Gomera. :) Wir wollten sie überreden, mal bisschen auszurasten und mit auf die Goa zu kommen, sich ordentlich abzuschießen und zu gucken, was passiert. „Ja, ich überlegt’s mir mal…“ Wir fragten: „Gibt’s bei euch denn auch Parties im Dorf?“ „Naja… die Kirchweih.“ „Dann isses aber ganz schön langweilig, oder?“ „Ja, ich führe schon ein sehr, sehr, ruhiges Leben…“ Das meinte sie auch noch alles ernst, ich musste aufpassen, mich nicht vor Lachen wegzupacken.

Johannes legte dann mit bisschen biergeschwängertem Psychologen-bla-bla los, was er scheinbar auch noch ernst meinte. Highlight war dann aber der Satz von ihm: „Als ich dich vorhin gesehen hab dachte ich: Was für eine langweilige Person!“ Stille. Zum Glück schob er noch nach: „Aber eigentlich bist du voll interessant, du weißt nur nicht so richtig, wer du selber bist.“ Sie sagte eigentlich zu allem ja ja, irgendwann verabschiedeten wir uns und machten uns auf den Weg. Ich fragte, ob sie ein Stück mit gehen wollte, aber das war ihr dann doch zu suspekt.

Morgen früh um 7 Uhr will Johannes im Meditationszentrum meditieren gehen und eventuell dort diese Donia treffen. Ich kann mir ja kaum vorstellen, dass er das hinkriegt, aber schaun mer mal.

Kein Bett in Los Cristianos



 

Eigentlich hatten wir uns das so vorgestellt: Heute nachmittag mit dem Bus nach Los Cristianos runter fahren, dort ein Zimmerchen nehmen, feiern gehn und hübsche Touristinnen kennen lernen. Los Cristianos ist eine so gut wie reine Hotelstadt im Süden von Teneriffa, für ’nen Tag können wir uns das aber ruhig mal geben, dachten wir.

Nachdem wir von La Laguna aus aber alle günstigen Unterkünfte durchtelefoniert hatten, die der Reiseführer so ausgespuckt hat und alle belegt waren, mussten wir spontan umdisponieren. Da kam mir auf einmal die Weltidee: Scheiß auf Los Cristianos, wir könnten von dort aus direkt mit der Fähre weiter fahren und schon abends auf La Gomera aufschlagen. Johannes war einverstanden, also ab ins Internet und Fähren gecheckt. Das günstige Naviera Armas Schiff fuhr leider heute nicht mehr, aber die Schnellfähre Fred Olsen hatte um 19:30 Uhr eine letzte Überfahrt, das passte. Und mit Fred Olsen wollten wir auch die ganze Zeit schonmal fahren, allein schon wegen des coolen Namens.

Als wir mit dem Bus in Los Cristianos ankamen, hatten wir noch zwei Stündchen Zeit. Wir schlenderten bisschen rum und ich war froh, dass wir hier nicht länger bleiben würden. Es war wirklich eine totale Bunkerstadt aus Betonklötzen und englischen Pauschaltouristen, an der mich wirklich rein gar nichts kickte. Der Strand war ganz nett, aber das war’s dann auch. Wir suchten ’ne ganze Weile nach was zu essen, so lange, bis die Zeit zu knapp war, in ein Restaurant zu gehen. Also endeten wir mit ’nem Burger King Burger auf der Strandpromenade und schauten uns den Sonnenuntergang an. :)

Fred Olsen’s Schnellfähre machte ihrem Namen dann alle Ehre. Man konnte auf’s offene Deck gehen und sich bei 80 km/h Geschwindigkeit vom Gegenwind liften lassen, herrlich. :) Nach 45 Minuten schlugen wir in San Sebastian auf, der Hauptsadt von La Gomera. Allerdings darf man sich die mit ihren 8000 Einwohnern nicht allzu gigantisch vorstellen. Die Insel scheint ziemlich gechillt zu sein, diesen Vibe hab ich auf jeden Fall sofort bekommen.

Gerade haben wir in einer günstigen Absteige eingecheckt, das erste Zimmer, das man uns andrehen wollte, stank bestialisch nach faulen Eiern. Am Anfang unterstellte ich der Hostelmitarbeiterin, die direkt vor mir lief, die Verursacherin der Abgase zu sein, bald merkte ich aber, dass es aus dem Ausguss des Waschbeckens kam.

Ich fragte nach einem anderen Zimmer, allerdings waren nur noch welche mit Ehebetten frei. Egal, alles war besser als dieser Gestank, jetzt bin ich mit Johannes in einem kuschligen 1,40-Meter-Bett gelandet. Lange werden wir hier aber sowieso nicht bleiben, denn morgen geht’s weiter ins Valle Gran Rey zur Schweinebucht. Dort sind in den 60er Jahren die ausgestiegenen Hippies hängen geblieben, Johannes erzählt schon seit Tagen von nichts anderem. Ich bin gespannt. :)

Auf zu den Chicas in La Laguna!



 

Heute Mittag mussten wir unseren Mietwagen wieder abgeben. Bisschen schade war’s schon, sich wieder von dieser Freiheit zu trennen, aber das Bus-System auf Teneriffa ist hervorragend und sollte für unsere weitere Planung ausreichen. Wir hatten ja schon vor einigen Tagen festgestellt, dass in der Studentenstadt La Laguna wunderschöne Chicas unterwegs sind, die wollten wir uns mal näher anschauen. Also packten wir unsere Sachen und zogen dorthin weiter.

In La Laguna gibt’s kaum Touristen, deshalb allerdings auch kaum Unterkünfte. Für ein Doppelzimmer im schäbigen Hostal Berlin mussten wir 40 Euro löhnen. Aber das kostete es nun mal, das Leben war teuer. Tagsüber streunten wir bisschen durch die Geschäfte, um ’ne neue Jacke für Johannes zu finden, seine alte hatte er ja im Musa verloren. Nach einer Odyssee durch Einkaufsstraßen und hässliche Shopping Malls fand er zum Glück schließlich eine.

Inzwischen ist es Abend, wir ziehen los ins Kneipenviertel, die Spiele können beginnen…

Dösiger erster Weihnachtsfeiertag



 

Heute war nicht allzu viel mit uns anzufangen, mit mir noch weniger als mit Johannes. Der war zum Glück in der Lage, unser Fahrzeug zu steuern, also konnte ich mich gechillt auf den Beifahrersitz setzen und Bierchen schlürfen. Wir steuerten den Strand Playa de las Teresitas an, der 8 km von Santa Cruz entfernt liegt. Es ist einer der wenigen Strände mit weißem Sand auf Teneriffa, die Sonne schien, aber zum Planschen war’s uns doch etwas zu kalt. Ich chillte mich bisschen an den Strand, Johannes hielt ein Nickerchen im Auto.

Danach fuhren wir weiter bis ins letzte Dorf vorm Ende der Straße „Igüeste“. Das war auf einmal voll die andere Welt. Es gab kleine, an Hängen gebaute Häuschen, eine süße Kirche, kleine Gassen und alle Leute schienen fröhlich zu sein. Sie standen vor ihren Häusern, unterhielten sich, lachten und viele grüßten uns freundlich. Hierher verirrte sich scheinbar nur recht selten ein Tourist.

Das war dann aber auch schon genug Anstrengung für den Tag. Wir fuhren zurück nach Santa Cruz, der Abend zieht nun herauf und wir werden gleich erschöpft in unsere Betten fallen.

Weihnachten im Sommer



 

Heute ist Weihnachten, es ist Nacht und immer noch fast 20 Grad warm. Es hat was ziemlich schräges, die Weihnachtsdeko im sommerlichen Santa Cruz zu sehen.

Heute sind wir wieder schön mit unserem Auto über die Insel geheizt, mitten durch’s Gebirge um den Teide-Vulkan herum. Er ist mit ca. 3700 Metern der höchste Berg Spaniens, aber raufzuklettern lohnt sich nur bei wolkenlosem Wetter, das hatten wir heute leider nicht. Wir konnten aber ein paar gute Blicke auf den Riesen erhaschen, wenn hin und wieder ein Guckloch zwischen den Wolken auftauchte.

Wir machten noch ’nen Ausflug nach Orotava, eine wunderschöne, historische Stadt mit echtem Kanarencharakter. Dort probierten wir Mojo, eine kanarische Spazialität. Was genau drin ist, kann ich nicht sagen, es ist eine Soße, die man über Kartoffeln oder Brot oder was auch immer packen kann, halb rot, halb grün und mit ordentlich Knoblauch drin.

Danach machten wir noch ’nen Abstecher nach Puerto de la Cruz. Dort war ich schonmal, als ich vor 15 Jahren auf Teneriffa war, so richtig wieder erkannt hab ich aber nichts. Damals wohnten wir in Los Realejos, wir fuhren da noch fix durch, weil ich mir einbildete, vielleicht unser Hotel von damals wieder zu finden. Das hab ich mir dann aber wohl doch etwas zu romantisch vorgestellt, alle Hotels sahen gleich aus und 15 Jahre sind dann auch ein Tacken Zeit, der seitdem vergangen ist.

Wieder in Santa Cruz angekommen mussten wir feststellen, dass am 24.12. um 21 Uhr jede Kneipe, jedes Restaurant, einfach alles dicht machte. Wir hatten uns ja auf ein schönes Weihnachtsessen eingestellt, aber es war einfach kein offener Laden zu finden. Nach langer Suche kamen wir schließlich an ’ner Kaschemme vorbei, die Essen machte und bestellten uns Fisch und Paella. Es war grottenschlecht, aber egal, wenigstens überhaupt was.

Ich war Weihnachten noch nie in irgend ’ner Stadt unterwegs, es war echt gespenstisch, alles war wie ausgestorben, nicht mal Autos waren auf der Straße. Wir setzten uns mit Bierdosen auf ’nen Bordstein und feierten dort Weihnachten auf unsere Art. Wenn mal ein Passant vorbei kam, wurden wir mit mitleidigen Blicken bedacht. Es hätte sich fast gelohnt, ’nen Klimperbecher aufzustellen. :)

Teneriffa-Tour



 

Endlich klappt mal was auf dieser Reise, wenn auch nur knapp. Die Bürokratie, um Tickets für die Fähre nach Teneriffa zu kriegen, muss man erstmal durchschauen, letztendlich hat’s aber hingehauen. Um 11 Uhr kamen wir in Santa Cruz de Tenerife an und mieteten uns im Hostel Casablanca ein. Außer uns war kaum jemand dort, also bekamen wir das beste Zimmer am Platz mit Balkon.

Der Hostelwart war ca. 60 Jahre alt und Vertreter einer ganz eigenen Spezies. Die Wohnung seiner Familie hatte eine Tür zum Hostelbereich, diese stand immer offen und er saß dahinter auf einem Stuhl und guckte, guckte und guckte, was so passierte. Das bemerkenswerte daran war, dass eigentlich überhaupt nichts passierte, weil niemand da war, aber das schien ihn nicht zu stören.

Johannes und ich zogen los, um ein Auto zu mieten, wir fanden einen kleinen Fiat Punto für 30 Euro am Tag. Den sicherten wir uns für drei Tage, um damit bisschen über die Insel zu düsen. Heute ging’s gleich mal los in die Berge rein. Die Landschaft hier ist super, verwinkelte Serpentinen führen durch kahle Berglandschaften. Aber nur einige Kilometer später verwandelt sich die Natur schon wieder und plötzlich findet man sich in dichten, grünen Wäldern wieder. Teneriffa hat auf seiner kleinen Fläche neun verschiedene Klimazonen, dadurch bleibt’s immer schön abwechslungsreich.

Abends machten wir einen Abstecher nach La Laguna, eine Stadt direkt neben Santa Cruz mit einem wunderschönen historischen Kern. Außerdem gibt’s dort die einzige Universität auf den Kanaren, deshalb lebt viel junges Stundentenvolk dort, Touristen allerdings nur wenige. Das machte uns zu einer echten Attraktion, hübsche, junge Studentinnen drehten sich nach uns um und machten uns schöne Augen. Einmal winkten uns zwei Mädels auf der Straße hinterher, in einem Cafe tuschelten und kicherten die Studentinnen am Nachbartisch laufend. Wir konnten es kaum glauben und fühlten uns wie Brad Pitt. Hier müssen wir unbedingt mal ’ne Partynacht verbringen, La Laguna, wir kommen wieder!