Dann gab’s erstmal ein kleines Problem. Von den meisten Grenzübergängen war ich gewohnt, dass dutzende Typen dahinter stehen, bei denen man Geld tauschen kann. Ich hatte die Taschen voller Guaranis aus Paraguay, doch es gab genau eine einzige Wechselstube und die war dicht. Ich hoffe, dass die Kohle überhaupt jemand haben will, ich hab das ungute Gefühl, dass man außerhalb Paraguays Guaranis nirgends loskriegt.
Wie auch immer, ich hatte ein Problem: Der nächste Geldautomat war Kilometer entfernt und ich hatte keine brasilianischen Reales. Ich fragte Typen, der mit seinem Motorrad rumstand, ob’s hier wirklich keine illegalen Geldtauscher gibt. Gab’s nicht, aber er meinte, er sei ein Motorradtaxi und könne mich zum Geldautomaten bringen. Super, also draufgesprungen und losgedüst. Motorradtaxi, das hat was, ist auf jeden Fall ’ne ganze Ecke abenteuerlicher als in ’nem langweiligen Auto. :)
Ich ließ mich dann noch von ihm zum Busbahnhof bringen und fuhr rüber nach Puerto Iguazu auf der argentinischen Seite. Dort checkte ich im Hostel Inn ein, das hatte schicke Räume, super Essen und ’ne recht nette Atmosphäre. Ich lernte zwei Engländer kennen, die noch nicht lange in Amerika unterwegs waren und erzählte den ein oder anderen Schwank von meiner Reise. Nach ziemlich langer gringofreier Zeit in Paraguay war’s super, mal wieder unter Travellern zu sein. Abends gab’s im Hostel fü 30 Pesos (6 Euro) ein fettes Büffet und Caipi-Flatrate. Dazu gab’s ’ne recht dämliche Animation, wir vermieden erfolgreich, eingebunden zu werden, schädelten uns die Birne weg und schauten entspannt zu, wie die Hostelbewohnerinnen sich zu Arschwackel-Tanzmanövern überreden ließen.
Heute Morgen um 8 Uhr startete meine Tour zu den Wasserfällen. Bedenkt man den gestrigen Caipi-Konsum, kam ich erstaunlich gut aus’m Bett. Im Tour-Bus gab’s ’ne englische Gruppe um eine recht freakige rothaarige Hippie-Frau, die leicht zur Aufmerksamkeitssucht tendierte, außerdem ein leicht spießig angehauchtes Paar bestehend aus einem Nürnberger und einer Holländerin. Diese beiden Gegenpole konnten sich naturgemäß nicht ausstehen, ich musste mich also entscheiden, mit wem ich den Tag verbringen wollte. Auf ganz alleine hatte ich keinen Bock, die Hippie-Frau kam bisschen zu anstrengend rüber, also blieb nur die Spießervariante übrig. Die beiden waren alles in allem recht nette Spießer, mit gelegentlichen Späßchen unter der Gürtellinie konnte ich ganz gut Stimmung verbreiten und so wurde es ein lustiger Tag mit ihnen.
Die Wasserfälle waren wesentlich fetter, als ich sie mir vorgestellt hatte. Insgesamt besteht Iguazu aus 280 Fällen, von winzig bis gewaltig ist alles dabei. Auf der argentinischen Seite kann man ziemlich weit ins Gelände hineinlaufen, auf der brasilianischen gibt’s nur ’nen Panoramablick, deswegen hab ich mich für Argentinien entschieden. Es ist echt beeindruckend, so nah an dieser donnernden Gewalt zu stehen, die da herunterprasselt. Das Gelände ist so riesig, dass man ohne Probleme den ganzen Tag dort verbringen kann.
Für den Nachmittag hatten wir ’ne Boots-Tour gebucht. Die Agentur hatte gesagt, dass man trockene Sachen mitbringen soll, weil’s recht feucht werden kann. Außerdem haben wir uns noch ’nen Regen-Poncho geholt und sind so präpariert ins Boot gesprungen. Was aber keiner wirklich wusste, war, dass der Hauptspaß an der Aktion eine Fahrt UNTER die Fälle sein würde. Also nicht direkt drunter, das wäre recht ungesund, aber so nah ran, dass man von dem Wasser geduscht wird, dass von der Wasseroberfläche meterhoch reflektiert wird.
Auf dem Weg an den Wasserfall heran wurden aber plötzlich alle völlig geil drauf, wirklich reinzufahren. Vorher hatte ich mir gewünscht, möglichst trocken zu bleiben, jetzt wollte ich einfach nur noch drunter. So manch einer behauptet, dass Wasserfälle positive Ionen aussenden, die Menschen bei der Annäherung ausrasten lassen. Was auch immer es war, danach waren alle bis auf die Haut nass, Regen-Poncho hin oder her, und alle brüllten: „Nochmal, nochmal!“
Um 16 Uhr ging’s zurück zum Hostel. Ich hab ein Busticket für heute Abend nach Brasilien. In Sao Paulo werd ich nur umsteigen, nicht übernachten, Rio reicht mir als Großstadt, ansonsten bin ich bereit für bisschen Chillout und Strand.