Angeln – das erste Mal



 

Ich hab schon lange so ’ne romantische Vorstellung vom Angeln. Mir meinen eigenen Fisch zu fangen und zu braten, am besten noch über ’nem Feuer, das hab ich mir immer so richtig heimelig vorgestellt. Um so interessierter war ich, als ich in der Agentur von unserer Inseltour ’ne Menge Angelequipment rumstehen sah.
Daniel und ich wollten es mal auf ’nen Versuch ankommen lassen. Also haben wir uns zwei Angeln ausgeliehen und sind heute Morgen um 6 Uhr losgezogen.

Fisch an der AngelFisch auf’m BrettFisch in der PfanneFisch auf’m Teller

Nach ungefähr ’ner Stunde hatte Daniel wirklich ’nen zuckenden Fisch an der Angel, nicht riesig, aber auf jeden Fall wert gebraten zu werden. Dadurch ordentlich motiviert versuchten wir’s weiter, aber in der nächsten Stunde zogen wir nichts raus. Die Fische waren schlau genug, den Köder abzufressen, ohne in den Haken zu beißen. Mein einziger Fang war ’ne Krabbe, die mit ihrer Zange den Köder festhielt. :)

Daniel musste bald los, weil er mit seiner Französin zum Frühstück verabredet war, ich versuchte es noch bisschen. Bald hatte ich auch ein Exemplar an der Angel, das recht essbar aussah. Die romantischen Angelgefühle verflogen aber schon etwas, als ich den Kollegen vom Haken befreien wollte. Das zerriss ihm das halbe Maul und war keine leckere Angelegenheit. Für ihre letzten Stunden setzte ich die beiden in ’nem Eimer mit Meerwasser. Ich probierte noch ’ne Weile mein Glück, aber die Ebbe nahm die Fische bald mit auf’s offene Meer.

Auf dem Weg zurück ins Hostel segnete mein Fisch das Zeitliche, die Hakenaktion muss wohl zu krass gewesen sein. Michaels Exemplar plantschte aber noch munter herum. Ich hatte nun die ehrenvolle Aufgabe, ihn um die Ecke zu bringen. Die Hostel-Besitzerin riet mir, ihn einfach an der Luft verrecken zu lassen. Das erschien mir aber ziemlich grausam, ich wollte ihm ’nen schnelleren Tod gönnen.

Spätestens jetzt war alle Romantik verflogen, denn was nun kam, war alles andere als appetitlich. Ich gab dem Viech ’nen ordentlichen Schlag mit ’nem Stein auf den Kopf, was ihn aber nicht im geringsten zu stören schien. Noch ein Schlag, noch einer und noch einer. Er zuckte immer noch. Sein Kopf war mit ’ner dicken Knochenplatte geschützt, aber in der Mitte gab’s ’nen kleinen Spalt. Ich rammte ein Messer dort rein, aber unglaublicherweise lebte der Fisch immer noch! Ein Stich quer durch Kiemen und Hinterkopf, das muss nun doch endlich mal reichen. Kurze Ruhe… doch dann wieder Zappeln!

Inzwischen hatte sich ’ne kleine Zuschauerschaft versammelt, die mir riet, den Fisch jetzt einfach aufzuschneiden und auszunehmen. Hm… in den Innereien von ’nem lebendigen Fisch rumwühlen? Das war echt nicht lecker, aber was muss das muss. Ich schnitt seinen Bauch auf, die Gedärmer quollen hervor. Bewegungslos lag der Kollege vor mir. Also endlich tot. Ich fing an, die Innereien mit dem Messer rauszuziehen, als er plötzlich wieder wie wild zuckte!

Ich machte einen Satz zurück und schrie, das war ja der reinste Horrorfilm! Der unsterbliche Fisch, was für ein Drama! Aber da musste ich jetzt durch. Der Fisch war wieder ruhig und sah nun wirklich tot aus. Es war wohl das letzte Aufbäumen, ich fasste rein und riss raus, was ich zu fassen kriegte. Aber selbst jetzt sah ich seine Kiemen noch nach Luft schnappen. Nach dem nächsten Griff war aber wirklich Ruhe, der ewige Fisch war endlich dahingeschieden. Es war supereklig die warmen Innereien rauszuholen, aber ich brachte es hinter mich und verfütterte sie an die dankbare Katze.

Beim nächsten Exemplar war das dann alles recht ok. Es half ziemlich, dass das Teil schon mausetot war und nicht mehr ewig herumzuckte. Wenn ich mal wieder angle, lass ich die Fische wohl doch an der Luft sterben, meine Variante war alles in allem nicht wirklich humaner. Wie auch immer, am Ende war der Kollege ziemlich lecker, schön mit Salz eingerieben und in ’nem halben Liter Öl frittiert hat er sich am Ende doch irgendwie wieder mit mir versöhnt. :)

Das nächste Mal will ich mal richtig dicke Dinger rausziehn, hier gibt’s Hochsee-Angeltouren, bei denen man mit etwas Glück meterlange Viecher fangen kann.

Wal- und Inseltour



 

Heute bin ich mit Daniel zusammen auf ’ner Tagstour zur Isla de la Plata gefahren. Sie ist Teil des Nationalparks an der ecuadorianischen Pazifikküste und ich bin vor allem wegen ihr nach Puerto Lopez gekommen. Eigentlich hatte ich geplant, ein paar Tage auf der Insel zu bleiben. Das geht aber leider nicht, man kann nur mit ’ner geführten Tour drauf.

Planschende KiddiesWalBlaue FüßeVögelMeerAlbatrosVogel und MeerBunte Fische

Auf dem Weg zur Insel ist Wale gucken angesagt. Im Moment gibt’s leider noch nicht so viele, die Saison beginnt gerade erst. Um so mehr Glück hatten wir, einen ganz nah aus ein paar Metern Entfernung zu sehen, ich hab von vielen anderen gehört, dass sie kaum was gesehen haben.

Die Insel war wirklich süß, wir sind drei Stunden mit ’ner Führerin drüber gelaufen und haben abgefahrene Vögel gesehen, von denen ich die Namen allerdings vergessen hab. Nur an ’nen brütenden Albatros kann ich mich namentlich erinnern, der arme Kerl muss zwei Monate auf seinem Ei sitzen bleiben und darf sich in der Zeit nicht von der Stelle bewegen.

Im Boot auf dem Rückweg hab ich versucht, mit zwei süßen Holländerinnen ins Gespräch zu kommen, die sich aber als recht langweilig und maulfaul herausstellten. Michael dagegen hat ’ne Französin kennen gelernt und sich direkt zum Abendessen mit ihr verabredet. Respekt, der Kerl legt echt ’ne unglaubliche Performance an den Tag. :)

Puerto Lopez – ab ans Meer



 

Heute Mittag hab ich mich in ’nen Bus nach Puerto Lopez gesetzt ’nem kleinen Örtchen am Meer. Im Bus hab ich zwei Schweizer kennen gelernt, Daniel und Michael, mit denen ich zusammen in ’nem Hostel-Dorm gelandet bin. Michael war ein netter Kerl, Daniel allerdings ein sehr seltsamer Typ. Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine so durch und durch ernsthafte und humorlose Person gesehen zu haben. Wir haben zu dritt nach Touren in der Stadt geschaut und sind danach essen gegangen, in den ganzen zwei Stunden hab ich nur ein einziges Mal den Hauch eines Lächelns in seinen Mundwinkeln gesehen, vielleicht hab ich’s mir aber auch nur eingebildet. Ansonsten sagte er nichts und antwortete nur im Notfall in kurzen, knappen Sätzen.

Abends bin ich mit Daniel noch in die Dorfdisco gegangen, Michael war selbstverständlich diese Art von Vergnügen völlig zuwider. Daniel war wie gesagt ein netter Typ, hatte aber auch irgendwas tollpatschiges an sich. Er hatte ein kleines Bäuchlein, roch immer leicht verschwitzt und sprach wie alle Schweizer in halber Geschwindigkeit. Ich hätte ihm nicht zugetraut, sich erfolgreich einer Frau auch nur nähern zu können.

Doch in der Disco traute ich meinen Augen kaum. Während ich als klassischer Mittelfeldspieler abwartete und in Ruhe die möglichen Anspielstationen sondierte, entpuppte sich Daniel als Stürmer mit Brechstangenqualitäten. Kaum hatte ich mich versehen, tanzte er schon wild mit ’ner Gringo-Frau auf der Tanzfläche. Ich holte mir währenddessen ’nen Korb von ’ner Ecuadorianerin und dachte mir, Gringo-Frauen zählen ja nicht wirklich. Doch keine fünf Minuten später hatte der Michael ’ne lokale Chica im Schlepptau, und die waren wirklich extreme Mangelware, mehr als 20 Prozent Frauenanteil waren’s auf keinen Fall.

Ich fand schließlich auch noch eine, mit der ich bisschen rumtanzte, die sich aber leider auch bald wieder verdrückte. Schließlich brachten wir beide nicht mehr viel zu Stande und verzogen uns ins Bett.

Party light in Guayaquil



 

Gestern wollte ich mir die equadorianische Feierei mal näher anschauen, vorher musste aber Nahrung gefunden werden. Ich bin ziemlich auf den brasilianischen Fleischportionen hängen geblieben, deshalb hab ich ’nen Taxifahrer gefragt, wo’s in Guayaquil was vergleichbares gibt. Er hat mich zu ’nem Restaurant gebracht, wo endlich mal genug Wert auf das Wesentliche gelegt wurde: Fleisch, Fleisch und noch mehr Fleisch.

Ich hab ’ne Ladung bestellt und dachte zuerst, sie haben mir aus Versehen ’ne doppelte Portion gebracht, aber es war wirklich für eine Person gedacht. Auf den Tisch bekam ich ’nen kleinen Holzkohlegrill gestellt, der mit einem gefühlten Kilo verschiedenster Fleische beladen war. Unnötigen Schnickschnack wie Beilagen gab’s nicht, nur ein paar kleine Brotstücke, falls das Fleisch mal nicht mehr rutscht. :) Ich hab tatsächlich fast die ganze Ladung runter gekriegt und mich danach dem Herzinfarkt recht nahe gefühlt.

Zurück im Hotel wollte ich mich eigentlich zum Rausgehn fertig machen, fiel aber erstmal in ’nen tiefen Verdauungsschlaf, aus dem ich kaum mehr hochkam. Um ein Uhr schließlich packte mich das schlechte Gewissen, ich hätte es mir nie verziehen, meinen einzigen Freitagabend in der größten Stadt Ecuadors zu verpennen. Ich fragte den Hotelmann, wo in der Stadt was geht und er wollte mir doch allen Ernstes weiß machen, dass nichts mehr offen hat. Das konnte natürlich nicht sein und direkt eine Straßenecke weiter stolperte ich in die erste Disco. War ’ne kleine Kaschemme, in der südamerikanisch temperamentvoll getanzt wurde, aber ich hatte mir was fetteres vorgestellt. Ich fragte ’nen Taxifahrer, wo der Bär steppt, er meinte, er kenne ’nen guten Laden. Dann fuhr er mich in die abgeranzteste Gegend, die man sich vorstellen kann und ließ mich an ’nem noch abgeranzteren Laden raus.

Drinnen gab’s nur eigenartige Gestalten und dicke Frauen. Ich trank ein Bierchen und beschloss, mich danach aus dem Staub zu machen. Ein Typ laberte mich an und meinte, dass der Laden für ’nen Gringo ziemlich gefährlich sei. Ich sagte jaja und trank weiter. Er haute mich nochmal an und meinte, dass es wirklich richtig gefährlich sei. Das wurde mir langsam zu gruselig und als er schließlich fragte, ob ich alleine unterwegs sei oder jemanden kennen würde, sagte ich, dass gleich noch Leute kommen würden, stürzte mein Bier runter und sah zu, dass ich weg kam.

Der Taxifahrer stand immer noch vor dem Laden und fragte, ob’s mir nicht gefallen hätte. Hatte es nicht, aber ich gab ihm noch ’ne Chance. Diesmal setzte er mich wirklich auf der Partymeile ab, wo eine Disco neben der nächsten stand. Ich landete in ’nem Laden, wo man für 10 Dollar (6,50 Euro) Eintritt freie Bar bis 3 Uhr hatte, das war noch ’ne Stunde. Erfolgreich versuchte ich, in der Zeit so viel wie möglich durch meinen Rachen zu spülen und schaute der Feierei bisschen zu. Außer etwas Frauenmangel war’s ’ne lustige Party, auf der Tanzfläche war die Hölle los.

Ich lernte ’ne Chica kennen und schwatzte und tanzte ’ne Runde mit ihr. Der Laden machte bald dicht, sie gab mir ihre Nummer und verschwand. Ringsherum war auch nichts mehr offen, also fuhr ich zum Hotel zurück. Ein letzter Streifzug durch die umliegenden Straßen brachte mich zur Erkenntnis, dass im Zentrum um die Zeit nur noch übles Volk unterwegs war, dass mich anschaute, als würde es mich liebend gerne ausrauben. Also wirklich schlafen, um 4 Uhr war ich schließlich im Bett.

Guayaquil-Rundgang



 

Heute Morgen bin ich losgezogen, um mir Guayaquil bisschen anzuschauen. Unterwegs wollte ich den Packen bralilianisches und paraguayisches Geld noch fix umtauschen, den ich mit mir rumschleppte. Ich klapperte einige Banken ab, aber keiner wollte das Zeug haben. Schließlich hab ich bei ’nem Halsabschneider auf der Straße zu unglaublich frechen Kursen getauscht, aber egal, ich wollte den Stress loshaben.

Zum Mittagessen hab ich mir Italien gegen Rumänien angeguckt. Die Südamerikaner sind so fußballverrückt, dass sie sich für alle Spiele auf der Welt interessieren, so ist’s kein Problem, sich in der Kneipe bisschen EM zu geben.

MarktFlusspromenadeHügel mit LeuchtturmHäuschenGalerieFarbenLeutchtturmBlick über Guayaquil

Danach hab ich die Flusspromenade abgeklappert, die mit offensichtlich ’ner ganzen Menge Geld vor einigen Jahren schick gemacht wurde. Aber bald hab ich gemerkt, dass ich im Moment richtig großstadtsatt bin, deshalb werd ich mich morgen hier verdrücken und ans Meer fahren. Ich bin ziemlich gespannt auf die Natur in Äquatornähe, ’nen kleinen Vorgeschmack hab ich bekommen, als ein tellergroßer blauer Schmetterling einfach mal so an mir vorbei flatterte.

Ganz süß war der Hügel Santa Ana, auf dem ein kleiner Leuchtturm steht. Auf dem Weg dorthin kommt man durchs Viertel „Las Peñas“, was aus kleinen bunten Häuschen und vielen Galerien besteht. Vom Hügel oben hat man ’nen super Überblick über die Stadt.

Heute Abend werd ich mal schauen, was das Nachtleben in Guayaquil so zu bieten hat und mich dann morgen Mittag aus dem Staub machen.

Flug nach Ecuador



 

Nun bin ich in Ecuador angekommen. Der Flug hat insgesamt 14 Stunden gedauert, reine Flugzeit war eigentlich nur 9 Stunden, aber ich hatte zwei Zwischenstopps in Sao Paulo und Bogota, der Hauptstadt von Kolumbien.

Flug nach Ecuador

Vorher nicht zu schlafen war eine strategisch geniale Entscheidung, denn auf den ersten beiden Strecken war ich so müde, dass ich direkt weggeratzt bin und nur mal kurz zum Essen aufgewacht. So verging der Flug wie im Flug. :)

Um 17:40 Uhr landete ich schließlich in Guayaquil, der größten Stadt Ecuadors. Jetzt bin ich ja schon fast am Äquator, deshalb hätte ich’s mir hier wesentlich heißer vorgestellt. Waren aber nur so ca. 25 Grad, dafür mit ’ner dicken Portion Luftfeuchtigkeit.

Nachdem ich im teuren Brasilien Unmengen an Kohle verschleudert hab, ist’s hier wieder angenehm billig. Bisschen seltsam ist, dass Ecuador amerikanische Dollars als Währung hat, allerdings zum Glück nicht zu amerikanischen Preisen. Weil hier fast alles unter 5 Dollar kostet, will niemand größere Scheine haben. Ich hab am Geldautomaten 150 Dollar abgehoben und er hat mir ein fettes Bündel 5-Dollar-Scheine ausgespuckt. :)

Ich hab mir ein gemütliches Hotelzimmer mit Fernseher und Bad genommen, nach dem 9er-Dorm in Brasilien mal wieder ein recht angenehmer Luxus. :)

Rio Downtown



 

Nach meiner Favela-Tour bin ich heute noch bisschen durch’s Stadtzentrum von Rio gelatscht, ohne besonderes Ziel, nur um ’nen kleinen Eindruck davon zu kriegen. Es war ziemlich quirlig, eine Mischung aus Hochhäusern und alten Kolonialbauten, Business-Typen und Straßenverkäufern, reich und arm, Straßenmärkten und schicken Boutiquen.

DowntownZentrumGrünPalast

Nach zwei Stündchen wurde es dunkel, in ’ner Kneipe hab ich gesehn, dass die Schweiz 1:0 gegen die Türkei führt. Da bin ich in ’nen Bus zurück zum Hostel gesprungen, um mir die zweite Halbzeit zusammen mit Nina reinzufahren. Der Bus brauchte im Berufsverkehr aber exakt 45 Minuten, also wurde nichts draus. War aber vielleicht besser so, denn die Schweiz hat am Ende 1:2 verloren. :)

Morgen früh um 5:20 Uhr hab ich ’nen Flug nach Ecuador, das Taxi holt mich 2:45 Uhr vom Hostel ab. Das Schlafen werd ich mir wohl für’s Flugzeug aufheben, mal sehn, was die Nacht so bringt. :)

Favela-Tour



 

Ich war heute mit einem Führer und 10 Travellern auf einer dreistündigen Favela-Tour unterwegs. So ’ne geführte Tour ist die einzige sichere Art, als Gringo eine Favela von innen zu sehen, auf eigene Faust sollte man dort keinen Fuß reinsetzen. Immer wieder sind Touristen in Favelas verschwunden, wahrscheinlich werden sie einfach ausgeraubt, abgeknallt und irgendwo verschachert, die Polizei setzt dort keinen Fuß rein und findet sie deshalb auch nie. Warum niemand die geführten Touren überfällt, die ja eigentlich ein lohnenswertes Ziel wären, weiß ich nicht 100%ig, aber man erzählt sich, dass die Führer die Favela-Bosse bezahlen und sich somit Sicherheit erkaufen.

Favela und DowntownTrommelnGasseFrauHäuserShopHofÜberblick

Wir sind um 10 Uhr morgens in die Rocinha Favela gefahren mit ca. 200,000 Einwohnern die größte in Rio. Sie liegt, wie fast alle Favelas, auf ’nem Hügel, hoch brachten uns Motorrad-Taxis. Die Fahrt war ein ziemlicher Adrenalinkick, denn die Motorräder lieferten sich ein kleines Rennen und hatten einen Heidenspaß daran, uns Gringos vor Angst schlottern zu sehen. Sie schlängelten sich zentimeternah am Gegenverkehr vorbei, aber irgendwie hat alles geklappt und wir kamen oben an.

In den 30er Jahren entstand Rocinha, indem Arme einfach ihre Hütten auf den bis dahin unbebauten Hügel setzten und dort lebten. Heute gibt es in Rio über 700 Favelas. Rocinha ist inzwischen recht gut entwickelt, die meisten Häuser bestehen aus Stein, es gibt Strom und Wasser. Im Norden von Rio müssen sie wohl richtig krass sein und nur aus Holz und Planen bestehen. Die Bewohner von Rocinha arbeiten oft in der Stadt in Baubetrieben und können ihr Know-How so für den Favela-Bau verwenden. Aber man kann auch dort von recht komfortablen Häuserrn bis zu ärmlichen Bruchbuden alles finden.

Unser Führer war etwas geizig mit Informationen und erzählte nur das nötigste, von Nina hatte ich aber ’ne ganze Menge über das Favela-Leben erfahren. Die meisten Favelas werden von Drogenbossen regiert, die auf der Spitze des Hügels ein schickes Häuschen haben. Die Favela ringsherum funktioniert wie eine Armee. Typen mit Walkie-Talkies und Maschinengewehren rennen herum und halten nach Bullen Ausschau, sobald welche gesichtet werden, wir die Information sofort weiter gefunkt. Wenn’s hart auf hart kommt, müssen alle Bewohner kämpfen, entweder gegen einfallende Bullen oder eine konkurrierende, angreifende Favela-Armee, dafür gibt’s leicht erreichbare Waffendepots.

Wenn in der Stadt irgendwas passiert, was dem Favela-Boss nicht passt, ruft er zum Streik auf. Dann darf keiner der Bewohner mehr arbeiten, und weil fast alle Jobs in den umliegenden Stadtvierteln haben, funktioniert dann schnell gar nichts mehr, Busse fahren nicht und so weiter.

Apropos Busse: Außer den Stadtbussen fahren tausende Minibusse durch Rio, besonders nachts kommt man damit am schnellsten zum Ziel. Die Minibusse werden von den Favelas betrieben, ein Teil von der verdienten Kohle geht an den jeweiligen Boss. Die Farbe der Busse signalisiert, zu welcher Favela sie gehören und wenn eine bestimmte Farbe mal nicht unterwegs ist weiß man, dass es in dieser Favela gerade Stress gibt.

Wir haben außer den Walkie-Talkie- und Maschinengewehrtypen aber nicht allzu viel von all dem Untergrund mitbekommen. War trotzdem superinteressant, diese Welt mal zu sehen, auch wenn ich mir bisschen komisch vorkam, als reicher Gringo mit der Kamera durch die Slums zu rennen und arme Leute zu fotografieren. Andererseits hätte ich sonst nur das reiche Rio zu Gesicht bekommen und ich wollte auf jeden Fall auch mal die andere Seite sehen.

Touri-Tour in Rio



 

Nachdem ich meine Zeit in Rio bis jetzt hauptsächlich auf Parties und am Strand verbracht hab, hab ich nicht mehr allzu viel Zeit für Sightseeing. Deshalb hab ich für heute eine Tagestour zu den wichtigsten Touri-Stopps gebucht. Los ging’s um 11 Uhr morgens mit 6 Leuten aus meinem Hostel im Minibus. Unser erstes Ziel war der Sugar Loaf, ein spektakulärer Felsen mitten in Rio. Wir sind ’ne halbe Stunde durch Dschungel zur Seilbahnstation gelatscht, die uns dann bis auf die Spitze gebracht hat.

Red BeachRio von obenSugar LoafRio vom Sugar Loaf ausCopacabana BeachSeilbahn nach untenBunte Treppe in LapaFavela

Die Seilbahn schwebt hunderte Meter über ’nem Abgrund und mit Höhe hab ich’s ja nicht unbedingt so. Außerdem war’s ziemlich windig und die Fahrt deswegen ’ne recht wacklige Angelegenheit. Auf dem Weg nach oben hab ich deshalb konsequent auf den Boden gestarrt und die drei Minuten so gut überstanden. Der Ausblick war dann gigantisch, Rio ist die von der Lage her die spektakulärste Stadt, die ich je gesehen hab. Direkt am Strand, von Inseln umgeben, mit einer Lagune und Bergen ausgestattet gibt das von oben einfach ein unglaubliches Bild. Auf ’nem Foto kann man das gar nicht perfekt einfangen, weil man die volle Schönheit nur im 360 Grad Panorama sieht.

Danach ging’s weiter nach Lapa. Dort hab ich ja schonmal ’ne Nacht verfeiert, tagsüber sieht’s aber völlig anders aus. Highlight ist eine Treppe, die von einem Künstler mit tausenden bunten Kacheln verziert ist, die er aus aller Welt zusammenträgt und täglich verändert.

Unser letzter Stopp war der Berg Corcovado, auf dem die berühmte 30 Meter hohe Jesus-Statue steht. Er soll angeblich wie ein Beschützer wirken, für mich hat er aber eher was bedrohliches, nach dem Motto: sieh dich vor, ich sehe alles! Von dort aus gibt’s aber nochmal ’nen wunderschönen Blick über die Stadt.

Fetter Jesus

Stand in Rio



 

Heute hab ich mir bisschen Strand in Rio gegeben. Der Ipanema Beach ist gleich um die Ecke von meinem Hostel, also bin ich erstmal dort hingeschlendert. Dort gab’s superfette Wellen, so fett, dass es schon richtig gefährlich war, ein paar Meter rauszuschwimmen. Hab mich dann in die Sonne gesetzt und dem Beach-Watching hingegeben. Direkt vor mir war ’ne Gruppe brasilianischer Teenies, vielleicht 14 oder 15 Jahre alt, die ’ne Stunde lang versucht haben, ein Mädel und ’nen Typen zu verkuppeln. Das Mädel hatte aber ziemlich wenig Bock und der Typ hat sich noch dazu oberdämlich angestellt. Eigentlich sind sie die ganze Zeit voreinander ausgerissen und die anderen haben sie wieder eingefangen und zusammen geschleppt. Es war einfach köstlich da zuzugucken. :)

Strand in IpanemaStrand in Copacabana

Später bin ich noch zum Copacabana-Beach gefahren und bisschen rumgelatscht. Der ist nicht ganz so hübsch und es geht bisschen rustikaler zu. Ipanema ist ziemlich Schickie-Mickie, in Copacabana ist dagegen ’ne bunte Mischung an Leuten unterwegs mit ziemlich viel Volk aus den angrenzenden Favelas.