Der heutige Tag war erstmal unser letzter in Istanbul, wir beschlossen, etwas ruhigere Gefilde anzusteuern. Mich interessiert eine kleine Mittelmeerinsel namens Bozcaada, die nur 2500 Einwohner hat. Also besorgten wir uns heute Morgen ein Busticket in diese Richtung. Auf halber Strecke liegt Tekirdag, ein kleines Städtchen, das im Lonely Planet ganz nett beschrieben war. Falls wir von dort nicht weiter kommen, können wir da auch gut eine Nacht verbringen uns dann morgen weiter Richtung Insel fahren.
In Istanbul hatten wir aber noch einen Plan, nämlich den asiatischen Teil auf der anderen Seite des Bosporus kennen zu lernen. Wir setzten mit der Fähre über und lernten während der kurzen Fahrt zwei Deutschtürken kennen. Ich fragte sie bisschen aus, was es am Mittelmeer noch so zu sehen gibt. Über Bozcaada konnten sie nur Gutes berichten, aber wärmstens ans Herz legten sie uns Daca, eine Halbinsel im südlichen Mittelmeer. Nach welchem Ort auch immer ich fragte, die Antwort war stets: „Ja, dort ist es schön, aber kein Vergleich zu Daca, das ist das Paradies!“ Hat mich schon ein bisschen neugierig gemacht, aber ich bin mir nicht sicher, ob wir es schaffen können, uns bis dorthin durchzuschlagen.
Vom asiatischen Teil Istanbuls war ich etwas enttäuscht. Er ist neuer und viel betonlastiger als der europäische Teil und hat nicht annähernd so viel Flair. Wir latschten bisschen herum und landeten schließlich auf einem mulimischen Friedhof. Ich fand’s ziemlich interessant im Vergleich zu einer christlichen Ruhestätte. Alles schaut dort etwas verloddert aus, die Gräber waren recht lieblos hingebaute Steinkästen, die von wildem Bewuchs überwuchert waren. Dazwischen gab es keine Wege, sondern man musste direkt über die Gräber klettern, um voran zu kommen. Ich frage mich, ob Muslime der irdischen letzten Ruhestätte vielleicht wenig Bedeutung beimessen, da die Seele ja sowieso schon längst im Paradies weilt.
Ganz nett war der Besuch einer weiteren Moschee. Wie bei den bisherigen machte sich darin wieder diese ruhige, friedliche Stimmung breit. Wir waren zuerst etwas unsicher, ob wir als Besucher dort wirklich willkommen waren, was aber völlig unbegründet war. Wir wurden sogar nach oben auf eine Art Empore gebeten und konnten von dort eine schöne Aussicht über den Gebetsraum genießen.
Auf dem Weg zurück zur Fähre fanden wir uns zufällerweise plötzlich zwischen dutzenden malenden Künstlern wieder, die den Blick über den Bosporus auf den europäischen Teil festhielten. Neugierig schauten wir ihnen über die Schulter und fragten uns, ob das eine Art Malwettbewerb war. Kaum hatten wir uns versehen, wurden uns zwei Stühle angeboten. Man reichte uns Tee und Sandwiches, ohne dass wir nach irgendwas gefragt hätten oder jemand Geld haben wollte. Diese unglaubliche Gastfreundschaft finde ich wirklich beeindruckend. Eine ältere Frau erzählte uns in gebrochenem Deutsch, dass sie eine Weile in Wuppertal gelebt hatte. Ich fragte, was das denn hier für eine Veranstaltung sei, worauf sie aber auch keine Antwort wusste. Als wir schon am Gehen waren, eilte sie uns hinterher und sprach mich nochmal an. Sie hatte sich extra für uns erkundigt und erzählte mir, dass es wirklich ein Malwettbewerb war. Diese Türken sind schon ein nettes Völkchen.
Abends schnappten wir unsere Sachen im Hostel und machten uns auf den Weg zum Bus. Ein Minibus brachte uns zum Teminal, wo wir bis zu unserem Anschlussbus noch eine halbe Stunde Wartezeit hatten. Ein junger Kerl, bei dem ich mich nach dem genauen Abfahrtsort erkundigte, fragte, ob wir schon früher fahren wollten. Da setzte er plötzlich alles in Bewegung, damit wir unsere Tickets umtauschen konnten, um direkt zu starten. Es war wirklich unglaublich, ohne auch nur das geringste Eigeninteresse daran zu haben, sprang er zum Schalter, regelte alles und setzte uns in den richtigen Bus. Er zeigte uns unseren Platz und sagte, wir sollten einfach mit ihm in Tekirdag aussteigen.
Die Fahrt dauerte drei Stunden. Unterwegs erkundigte er sich für uns, ob wir einen direkten Anschlussbus zur Insel bekommen könnten. Dafür war’s zwar leider zu spät, aber er tat alles, um uns zu helfen und erklärte uns den Weg zu einem Hotel. Schließlich gab er uns noch seine Telefonnummer und meinte, falls wir nichts mehr finden würden, könnten wir einfach bei ihm übernachten. Ich war wirklich baff, sowas würde einem in Deutschland nie passieren. Wenn ich alleine gewesen wäre, hätte ich die Einladung vielleicht angenommen. Aber Stephanie und ich hatten konnten doch so ein wenig Misstrauen nicht abschütteln, dass da irgendwas nicht stimmen konnte bei so viel Freundlichkeit einem reisenden Päärchen gegenüber.
Wir suchten den Weg zum Hotel, ein Kioskbesitzer, den wir nochmal nach der Richtung fragten, überschlug sich fast vor Hilfsbereitschaft und malte eine Karte auf, damit wir die richtige Abbiegung finden. Wirklich ein nettes Völkchen, diese Türken. Schließlich schauten wir uns die beiden einzigen Hotels in der Stadt an. Die Zimmer sind teurer, als wir eigentlich geplant hatten, dafür haben wir nun ein wirklich nobles Schlafgemach.
Tekirdag ist berühmt für eine seine spezielle Zubereitungsart von Köfte, den wir natürlich probierten. War sehr lecker, auch wenn ich nicht wirklich einen Unterschied zu ganz normalem Köfte erkennen konnte. :) Ausklingen ließen wir den Abend mit einem Döschen Efes auf einer Mole am Wasser, morgen früh geht’s dann weiter zur Insel.