An der Hotelrezeption sagte man uns, dass wir uns einfach an die Straße stellen könnten und einen Minibus anhalten. Ansonsten gab es in der Nähe auch noch ein Büro vom Busunternehmen „Truva“, das dorthin fuhr. Uns erschien das bisschen sicherer, also schwangen wir uns zum Büro und fragten nach einem Ticket. Der nächste Bus fuhr in ein paar Minuten, doch leider war schon alles ausgebucht. Kein Problem, dann stellen wir uns halt an die Straße dachten wir. Dort kamen wirklich im Minutentakt Minibusse zu allen möglichen Orten vorbei, aber leider keiner nach Canakkale. Egal, das ist Travelling, dachte ich und kam mir so einigermaßen abenteuerlich dabei vor. Doch als nach ’ner halben Stunde immer noch weit und breit nichts von Canakkale-Bussen zu sehen war, wurde ich langsam unruhig. Inzwischen war es nach 12 und ich hatte gelesen, dass die letzte Fähre nach Bozcaada um 19 Uhr fahren würde.
Außer Truva gab es noch das Busunternehmen „Metro“, wir beschlossen, dort mal nach einem Bus zu fragen. Doch nach einigen Schritten wurde uns klar, dass unser Timing bisschen daneben war, denn der Metro Canakkale-Bus fuhr genau in diesem Augenblick an uns vorbei. Auch wilde Winkzeichen brachten ihn nicht zum stehen. Ok, dann nochmal bei Truva nach dem nächsten Bus fragen. Die Ernüchterung folgte prompt: Vor 16 Uhr sei nichts mehr frei, erfuhren wir.
So ein Scheiß, unsere Stimmung sackte zusehends ab. Zu allem Überfluss kam nun noch der nächste Canakkale-Bus von Truva, von dem wir ja wussten, dass er ausgebucht war. Stephanie meinte, wir sollten doch mal fragen, ob nicht doch noch zwei Plätzchen frei wären. Was sollte das bringen, fragte ich mich. Aber um die Frau zufrieden zu stellen, fragte ich einfach nochmal. Die beiden Stewards warfen sich ein paar türkische Sätze um die Ohren, dann schnappten sie plötzlich unsere Rucksäcke und warfen sie ins Gepäckfach. Wie? Das war doch zu schön um wahr zu sein! Wirklich noch was frei?
Plötzlich gestikulierte der Busfahrer wild umher und erhob offensichtlich energischen Einspruch. Unser Glück schien wieder auf der Kippe zu stehen, doch nach einigen unverständlichen Satzfetzen schob uns der Steward in den Bus hinein. Jetzt wurde mir die ganze Situation auch etwas klarer: Für mich wurde ein Kissen vorne in den Gang gelegt, auf dem ich sitzen sollte, Stephanie bekam den Platz vorne rechts neben dem Fahrer, auf dem normalerweise ein Reiseleiter sitzt. Die kuschlig nahe Gesellschaft war anscheinend das, was dem Fahrer missfiel. Doch er hatte sich wieder beruhigt, wir saßen und er fuhr los. Wir hatten auf jeden Fall den Logenplatz mit perfekter Aussicht! Die Fahrt dauerte so 4 Stunden und die Landschaft war herrlich. Berge, Natur, kleine Dörfer und immer mal wieder ein Stück Meer.
In Canakkale angekommen mussten wir so schnell wie möglich einen Minibus nach Geyikli bekommen, um rechtzeitig an der Fähre zu sein. Den fanden wir zum Glück auch gleich, nach einer Dreiviertelstunde waren wir bereit für die Überfahrt. Alles in allem war’s nun doch ganz chillig und wir hatten noch eine Stunde Zeit, die wir mit einem Bierchen mit Meerblick herumbrachten.
Auf der Fähre konnten wir den Sonnenuntergang genießen. Bozcaada ist ein bekanntes Weinanbaugebiet und in Hörweite von uns philosophierten drei Deutsche in mittlerem Alter über die edelsten Tropfen. Ich kam mit einem von ihnen ins Gespräch, er arbeitete als Vertreter für einen Weinproduzenten. Ich fragte ihn nach günstigen Unterkünften auf Bozcaada, denn ich hatte gehört, dass die Zimmerpreise in der Saison astronomische Höhen erreichen könnten. Doch die Saison war gerade vorbei, die Zimmer sollten also wieder bezahlbar sein. Er empfahl, auf einen Typen namens Ersin am Hafen zu achten, der passte jede Fähre ab und bot den ankommenden Reisenden günstige Zimmer an. Wir liefen auch direkt in seine Arme und ließen uns seine Gemächer zeigen. Nach einigem Verhandlungsgeschick bekamen wir ein kleines, gemütliches Doppelzimmer mit eigenem Bad für 40 Lira (20 Euro) pro Nacht.
Auf der Insel ist es nun schon dunkel und wir haben noch nicht allzu viel gesehen, aber die Stimmung ist recht gechillt. Am Hafen gibt’s gemütliche Restaurants mit Tischen am Wasser, da werd ich die Stephanie morgen mal zu ’nem Glas bozcaadischem Wein ausführen. Heute werden wir uns noch ein paar Dosen Efes kaufen und am Meer rumchillen.