Nach dem Frühstück in einem Restaurant unter freiem Himmel fiel uns auf, dass auf dem zentralen Platz im Ort einiges los war. Es lief Musik und es gab ein Programm aus Militärparade und türkischen Tänzen. So ganz genau haben wir den Grund dafür nicht rausbekommen, aber irgend ein Tag der Befreiung scheint heute gefeiert zu werden. Wir schauten ein Weilchen zu und sahen eine richtig nette Tanzgruppe, die echt engagiert einen traditionellen Tanz vorführte. Ich war richtig begeistert davon und hab ein cooles Video gedreht.
Danach liefen wir los, um die Insel zu erkunden. Nach ’ner Weile fuhr ein Jeep an uns vorbei. Stephanie schlug vor, ihn anzuhalten und zu fragen, ob er uns ein Stück mitnehmen würde. Doch da stoppte er schon ungefragt und winkte uns herein. Der Fahrer war ein netter Typ namens Uru. Er erzählte, dass er seine Mutter besuchte, die auf der Insel wohnte. Als wir an ihrem Haus ankamen fragte er, ob wir nicht auf einen Kaffee mit reinkommen wollten. Natürlich wollten wir und so saßen wir plötzlich auf der Terasse und tranken Tee und Kaffee. Seine Frau war auch da und wir hielten einen netten Schwatz. Die Türken sind echt ein nettes Völkchen, ich bin nach wie vor beeindruckt von so viel Gastfreundschaft. Uru empfahl uns einen Strand in der Nähe, wir verabschiedeten uns und brachen dorthin auf.
Der Strand ist wirklich ein wunderschönes Fleckchen. Er liegt in einer Bucht und wir waren dort völlig allein. Das Wasser war hellblau, wir zogen uns aus und sprangen hinein. Himmlisch, Ende Sptember herumplanschen, auf sowas hatte ich gewartet! Wir genossen die Sonne noch ein Weilchen, dann zogen wir weiter in Richtung des nächsten Dorfes. Uru’s Frau hatte uns dort ein Restaurant empfohlen, in dem es leckeren Fisch geben sollte. Im Lonely Planet gab’s eine Karte der Insel und nach meiner Berechnung sollten wir nach ca. einer Stunde Fußweg dort ankommen.
Die Landschaft war herrlich, Sandstein in Rot- und Gelbtönen säumte den Weg, dabei schweifte unser Blick über das Meer. Inzwischen waren wir fast mutterseelenallein, nur alle 20 Minuten kam mal ein Auto vorbei. Doch inzwischen war unser Wasservorrat fast aufgebraucht und wir erwarteten sehnlichst das Dorf mit dem Restaurant. Doch in der Bucht angekommen, in der es liegen sollten, machte sich plötzlich Ernüchterung breit: Ich hatte die Karte falsch gelesen und dort gab’s nichts, außer einem kleinen Strand. Uns wurde bewusst, dass das Dorf noch eine Stunde Fußweg entfernt lag.
Wir fragten ein paar Kerle, die dort mit einem Jeep herumstanden, ob sie uns etwas Wasser verkaufen würden. Sie schenkten uns ein Fläschchen, echt lieb von ihnen, das sollte für den restlichen Weg reichen. Doch unterwegs konnten wir zum Glück einen weiteren Jeep anhalten, der uns das restliche Stück mitnahm.
Das Restaurant war dann ganz ok, auch wenn es nicht wirklich Fisch gab. Wir aßen Calamares und ruhten unsere geschundenen Gliedmaßen aus. Ich wollte eigentlich noch die Weinberge sehen, aber die waren noch ein ganzes Stück entfernt und wir waren zu fertig, um weiter zu laufen. Inzwischen war es auch schon 19 Uhr, also schnappten wir uns einen Bus und fuhren zurück nach Bozcaada Stadt. „Stadt“ ist etwas übertrieben, denn die ganze Insel hat nur 2500 Einwohner.
Ich wollte unbedingt noch bozcaadischen Wein probieren. Wir setzten uns in eines der Hafenrestaurants und bestellten ein Fläschchen. Stephanie mag eigentlich keinen Wein, aber vielleicht ließ sie sich vom Gegenteil überzeugen, dachte ich. Dummerweise bekamen wir eine recht üble Sorte, ich hätte vielleicht ein paar Euro mehr investieren sollen. :) Aber draußen sitzen mit Blick auf den Hafen war trotzdem ganz nett.
Ich mag die Stimmung auf Bozcaada echt gerne, alles ist voll friedlich und ruhig hier. Beim Traveln suche ich immer wieder die ruhigen Plätzchen, zu viel Stadt geht mir meistens recht schnell auf den Keks, ich wohne schließlich schon in einer. Morgen wollen wir uns trotzdem auf den Weg nach Izmir machen, die drittgrößte Stadt der Türkei mit 2,5 Millionen Einwohnern. Ich hab gegenteilige Berichte gehört, die einen sagen, es sei laut und nervig, die anderen finden das Hafenviertel echt schön. Mal sehen, wer Recht hat. Den Abend werden wir heute wohl wieder mit Efes am Wasser ausklingen lassen.