Heute Morgen um 4 Uhr klingelte der Wecker, Paul’s erste Frage war: „Felix, bist du aus’m Bett gefallen?“ :) Nach ’nem Frühstück machten wir uns um 5 Uhr auf den Weg zum Machu Picchu. Die 500 Höhenmeter kann man entweder mit dem Bus überwinden, aber nur, wenn man ein Weichei ist. Wir ließen uns den Spaß nicht nehmen, die originale Inka-Treppe hinaufzusteigen, fast 3000 Stufen lang.
Wie anstrengend das wird, hätte ich mir aber nicht träumen lassen. Die Stufen sind uneben und verschieden groß, nach den ersten 300 konnte ich schon kaum mehr weiter. Nach ’ner kurzen Pause ging’s aber wieder, schließlich gewöhnte ich mich daran und schwitzte und schnaufte mich Richtung Machu Picchu. Wir wollten unbedingt bei Sonnenaufgang oben sein und hatten deshalb nicht viel Zeit zu verlieren. Nach einer endlosen Stunde Aufstieg sahen wir endlich die Mauern des Machu Picchu, ein unglaubliches Gefühl. Nun mussten wir nur noch auf Claire warten, die zehn Minuten später aber auch schweißgebadet eintraf.
Es wurde schon gefährlich hell und wir machten uns Sorgen, das Eintrittsprozedere rechtzeitig zum Sonnenaufgang hinter uns zu bringen. Tourimassen schoben sich Richtung Eingang, die meisten waren faule Bus-Anreiser. Schließlich ließen wir den Eingang hinter uns, spurteten noch einige Stufen hoch und waren perfekt getimed am besten Platz, um zu sehen, wie sich die Sonne hinter dem Berg empor schob.
Wir bekamen einen Führer für den Machu Picchu und verabschiedeten uns von Jose Luis, unserem Trekking-Führer der letzten Tage. Wir wurden zwei Stunden rumgeführt und erfuhren ’ne ganze Menge über den Ort. Machu Picchu wurde ca. 1450 von den Inkas gebaut als heilige Stadt zur Religionsausübung und Astronomieforschung. Die Spanier fanden die Stadt nicht, da sie zwischen den Bergen vesteckt liegt, so entging sie der Zerstörungswut. 1911 entdeckte der US-Amerikaner Hiram Binghams durch Zufall Machu Picchu.
Es liegt schon eine gewisse Erhabenheit über dem Ort, viele Gebäude sind hervorragend erhalten. Technisch ausgefeilt wurden die Mauern erdbebensicher gebaut. Viele Details sind perfekt nach astronomischen Gesetzmäßigkeiten ausgerichtet. In heilgen Gebäuden sind natürliche Felsformationen beeindruckend in künstliche Mauern eingearbeitet. In Machu Picchu lebten ca. 1000-3000 Menschen, die sich durch Ackerbau auf den Terassenebenen selbst versorgten. Zu 100% sicher ist sich die Wissenschaft aber bis heute nicht, was genau in Machu Picchu geschah, so bleibt eine ganze Portion Mysterie über dem Ort.
Machu Picchu heißt übersetzt „alter Berg“. Den besten Ausblick darauf hat man allerdings von benachbarten Wayna Picchu („junger Berg“). Auf diesen führten weitere ca. 1500 Stufen 300 Höhenmeter hinauf. Was sind schon 1500 Stufen mehr, das ließen wir uns natürlich nicht nehmen. Der Aufstieg war allerdings um einiges steiler und holpriger als der erste, wir kamen nach einer Stunde oben an, ich war am Ende meiner Kräfte.
Der Gipfel war nicht so ganz ohne, links und rechts von einem schmalen Fels ließen Steile Abgründe das Adrenalin durch den Körper schießen. Pascal aus unserer Truppe machte Bekanntschaft damit, zum Glück nicht persönlich, aber seine Kamera fiel 30 Meter in die Tiefe. Er suchte mit ein paar Jungs danach, um wenigstens die Memory-Card mit den Fotos zu retten. War nicht ganz einfach, denn im Gebüsch lauern Schlangen. Schließlich tauchte das zerbeulte Stück aber auf, die Bilder waren gerettet.
Nach dem Abstieg vom Wayna Picchu, der nicht weniger anstrengend als der Aufstieg war, machten wir eine kleine Mittagspause, ich sank erschöpft in meinem Stuhl zusammen und döste ’ne Stunde weg. Plötzlich kamen Paul und Michael, ein Amerikaner unserer Truppe, auf die wahnwitzige Idee, doch noch den Ausblick von der anderen Seite aus zu genießen, das hieß weitere 300 Höhenmeter zum sogenannten Sonnentor hochzuklettern. Ok ok, ich ließ mich breit schlagen und schwitzte und schnaufte eine weitere Stunde. War aber wirklich ’ne gute Position um noch ein paar Fotos zu schießen.
Danach streunten wir noch ’ne Stunde durch den Machu Picchu und machten uns schließlich an den Abstieg, 3000 Stufen runter vom Berg. Am Ende konnte ich echt spüren, was ich meinen Knien an diesem Tag zugemutet hatte, die Beine fingen an zu zittern, aber ich war froh, alles zu Fuß gemeistert zu haben. Nun hatten wir uns aber wirklich ’ne ordentliche Zivilisationkost verdient und ließen uns in ’ner Pizzeria nieder… himmlisch nach Tagen Reis und grauer Suppe!
Zurück nach Cuzco sollte es ’ne Stunde später mit dem Zug gehn. Plötzlich stellte ich entsetzt fest, dass ich mein Zugticket versehentlich weggeschmissen hatte. Fixer Sprint zum Bahnhof und noch größeres Entsetzen: Der Zug ist voll, neue Tickets gibt’s nicht mehr, ich sollte eine Nacht warten. In Touri-Town gefangen zu sein war das letzte, was ich wollte. Nach dem Sichten endloser Passagierlisten fand ich meinen Namen endlich, 20 Dollar später war man bereit, mir ein neues Ticket zu drucken.
Nach drei Stunden kamen wir in Cuzco an. Etwas übermütig hatten wir zuvor ausgemacht, alle in ’ne Bar zu ziehen, inzwischen waren aber alle so fertig, dass wir nur noch ins Bett wollten. Wir treffen uns morgen, heute passiert nicht mehr viel, ich werd mich gleich ins Hotel verabschieden und lange, lange schlafen. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich immer noch die unglaublichen Landschaften der letzten fünf Tage vor mir, werd bestimmt davon träumen. :)