In Phnom Penh wurde das berüchtigte Folter-Gefängnis S-21 eingerichtet. Bei der Befreiung Kambodschas durch die Vietnamesen 1979 lebten von den dort insgesamt 20000 Inhaftierten nur noch 7. Als Hinrichtungsort für die Gefangenen von S-21 wurde ein ehemaliger chinesischer Friedhof benutzt, heute als „Killing Fields“ bezeichnet.
Wir machten uns heute Morgen per Tuk Tuk zu den Killing Fields auf, sie liegen ca. 15 km außerhalb des Zentrums. Ich glaube, wir bekamen das klapprigste Tuk Tuk der ganzen Stadt ab. Es war völlig verrostet, alles wackelte und klapperte und ich hatte Angst, dass es unterwegs auseinanderfallen würde, was es aber zum Glück nicht tat.
Sobald wir bisschen aus dem Zentrum raus waren, bekam ich einen ziemlichen Kulturschock. Alles sah aus wie eine riesige Favela, Menschen verkauften an jedem Zentimeter Straßenrand alles, um ein bisschen Geld zusammenzukriegen und man konnte förmlich fühlen, dass hier jeden Tag ums Überleben gekämpft werden muss. Der Durchschnittsverdienst in Kambodscha liegt bei 50 Euro monatlich und es gibt keinerlei Sozialsystem.
Nach einer halben Stunde Fahrt erreichten wir die Killing Fields. In der Mitte wurde eine Gedenkstupa errichtet, in der die Überreste der 8000 dort gefundenen Leichen aufbewahrt werden. Es ist unfassbar, was da geschehen ist. Um Munition zu sparen, wurden die Menschen zu Tode geprügelt. Der sogenannte „Killing Tree“ steht heute noch. An ihm wurden Kinder ermordet, indem ihr Kopf gegen den Stamm geschmettert wurde.
Danach schauten wir uns das S-21 Gefängnis an. Dort sind Fotos der Gefangenen in den ehemaligen Zellen ausgestellt, es ist ein richtig bedrückendes Gefühl, an diesem Ort zu sein. Es ist einfach unglaublich, zu welchen Gräueltaten Menschen immer wieder in der Lage sind, zu jeder Zeit und an jedem Ort.
Im krassen Gegensatz dazu steht der Königspalast, den wir uns danach anschauten. Prunkvoll erhebt er sich im Zentrum dieser gebeutelten Stadt, drinnen ist ein riesiger, goldener Thron zu besichtigen. Phnom Penh schockt einfach durch seine extremen Gegensätze, auf die man immer wieder direkt mit der Nase gestoßen wird.
Und dabei sind die Khmer ein großes Kulturvolk….wie ihr ja auch gesehen habt….In der Zeit am Literaturinstitut….im Jahre 1979…. gab es einmal einen Diskussionsnachmittag….Redakteure der Kulturzeitschrift „Weimarer Beiträge“ hatten alle Kunsthochschulen in Leipzig besucht und mit uns Studenten über Vorbilder diskutiert….dabei kam ich auf Walter Ulbricht und auf die Roten Khmer zu sprechen….Ulbricht wurde nach dem Sturz durch Honecker so gut wie tot geschwiegen….obwohl er noch Tage zuvor das große Vorbild aller FDJler war….und die Roten Khmer wurden als die bedeutenden Revolutionäre in Südostasien hin gestellt….obwohl Ende der siebziger Jahre bereits alle Welt von deren grausigen Verbrechen wußte….und wir gottlob das Westfernsehen schauen konnten….Vierzehn Tage später kam jemand von der Stasi ans Literaturinstitut….und verlangte….daß ich meinen Wortbeitrag zurück nehmen sollte….schließlich kam es zu einem Kompromiß….ich ließ das Kambodscha-Thema weg….aber nicht die Geschichtsklitterung mit Ulbricht….das ging ja so weit….daß das Ulbricht-Ehepaar sogar in den Publikationen des Verlages „Junge Welt“ vor der Veröffentlichung historischer Fotos einfach weg retuschiert wurden….und das hatte ich in meiner Journalisten-Tätigkeit ja selbst mit erlebt….manno….und habe es nur in mich hinein gefressen….
So jetzt aber wieder in die Gegenwart….ihr beiden seid achtsam im Umgang mit euch und euren Mitmenschen….Die Achtsamkeit ist ein wichtiges menschliches Gut….und denkt daran: Fehler sind korrigierbar….aber nicht die Ignoranz und die Unmenschlichkeit….im Herzen bin ich bei euch….als der Wollivater