Ei-Burger in Ehsans WG beim Couchsurfing

Shiraz – Couchsurfing, das erste Mal

In Shiraz probierten Johannes und ich zum ersten Mal Couchsurfing aus. Wir erlebten iranisches Leben hautnah, und am Ende war da wieder Roland Kaiser.



 

Vorgestern haben wir unseren ersten Couchsurfing Versuch gestartet. 30 Anfragen rausgehauen, viele Angebote bekommen, uns durch die Stadt zu führen, ein paar wenige zum übernachten. Wir beschlossen, das Angebot von Ehsan anzunehmen, für zwei Tage in seiner WG zu wohnen, in der er zusammen mit zwei Mitbewohnern lebt. Vorher setzten wir aber unsere in Teheran begonnene Karriere als Stadt-Bergsteiger fort und kletterten auf einen Berg, der uns vom Stadtrand von Shiraz aus anlachte. Von 2000 Meter Höhe aus genossen wir den Sonnenuntergang, dann setzten wir uns in ein Taxi und fuhren in Ehsans WG.

Berg über Shiraz in der Abendsonne
Berg über Shiraz in der Abendsonne

Couchsurfing – fast wie ein Blind-Date

Wir landeten in einem etwas gediegeneren Außenbezirk von Shiraz. Es fühlte sich ein wenig wie ein Blind-Date an, dort anzukommen, ohne zu wissen, was uns nun erwarten würde. Die Wohnung lag in einer umzäunten Hochhaussiedlung, wir wurden dort von Ehsans Mitbewohner Hamid empfangen. Später kam noch ein Freund vorbei, Ehsan selbst war gerade in Teheran und wollte am nächsten Morgen kommen.

Wir saßen im Wohnzimmer und unterhielten uns stundenlang mit den beiden. Es war superinteressant, mit ihnen über das Leben im Iran zu sprechen. Trotz aller Vorbote und Einschränkungen der Freiheit findet die junge Generation hier ihren Weg damit umzugehen. Es ist wohl kein Problem, an den eigentlich verbotenen Alkohol zu kommen und in den eigenen 4 Wänden wird wohl auch alles an sexueller Freiheit gelebt, was eigentlich steng untersagt ist. Der allgegenwärtige Islam geht vielen jungen Leuten am Hinterteil vorbei, von der Politik erwarten sie eher Reformen, als eine Revolution.

Ein überraschendes Wiedersehen

Kurz vor Mitternacht klingelte es an der Tür. Hamid meinte, nun würden noch zwei weitere Couchsurfing Gäste kommen. Als sich die Tür öffnete, trauten wir unseren Augen kaum, denn neben einer Neuseeländerin stand da noch Ellen, von der wir uns vor einer Woche im Wüstendorf Garmeh verabschiedet hatten, nachdem wir zu dritt den Sandsturm überstanden hatten. Nun waren wir zufälligerweise beim gleichen Couchsurfing Gastgeber gelandet, mitten in der 2-Millionen-Stadt Shiraz.

Ich fragte mich, wo wir alle schlafen sollten, denn die Wohnung bestand neben dem Wohnzimmer nur noch aus einem Schlafzimmer. Doch dann breitete Hamid dort eine Decke auf dem Boden für uns aus, die zusammen mit unseren Schlafsäcken zu einem Bett wurde. Die Jungs schliefen im Wohnzimmer nebenan. Ich konnte auf dem harten Boden erstaunlich gut schlafen, bin aber auch schon etwas abgehärtet, nachdem ich so einige Hostel-Matratzen hinter mir habe, die gefühlt dem Härtegrad von Eichenholz entsprachen.

Am nächsten Morgen traf Ehsan ein. Er sprach zu unserem Erstaunen ziemlich gut deutsch. Es stellte sich heraus, dass er seit einem Jahr jede freie Minute nutzte, um Deutsch zu lernen. In Teheran hatte er gerade einen Sprachtest erfolgreich bestanden und kann nun in zwei Monaten in Deutschland studieren.

Ehsan wollte uns unbedingt die Sehenswürdigkeiten von Shiraz zeigen, so brachen wir zusammen mit ihm und zwei Freunden zu einer Stadttour auf. Wir schauten uns zusammen das Grab von Hafez und den Eram-Garten an. Am interessantesten war es aber, sich mit unseren Begleitern über ihr Leben zu unterhalten. Das gab mir nochmal einen viel intensiveren Kontakt mit diesem Land, als ich ihn bisher in den letzten zwei Wochen im Iran erfahren hatte.

Im Eram-Garten mit Ehsan (2. von rechts) und Freunden
Im Eram-Garten mit Ehsan (2. von rechts) und Freunden
Grab von Hafez in Shiraz
Grab von Hafez in Shiraz

Ein Schrein, dessen Heiligkeit man fast spüren kann

Was uns dann an Shiraz aber wirklich aus den Socken kippen ließ, war der abendliche des Shah-e Cheragh Schreins, eine der wichtigsten religiösen Pilgerstätten des Irans. Dort liegt der 835 gestorbene Bruder des Imams Imam Reza begraben. Wir fanden uns an der majestätischsten muslimischen Stätte wieder, die uns jemals unter die Augen gekommen ist. Ein riesiger, hell erleuchteter Innenhof war von prunkvoll verzierten Gebäuden und goldgelb angestrahlten Kuppeln umrahmt. Der Grabraum selbst war mit so vielen, mosaikartig an den Wänden angebrachten Spiegelfragmenten ausgekleidet, dass man vor lauter Bling-Bling fast geblendet war. Die dichte Atmosphäre wurde gekrönt vom andauernden über den Platz schallenden Gesang des Muezzins. Ich konnte die Heiligkeit dieses Ortes fast in meinem Körper aufsteigen spüren.

Mit unserem Couchsurfing Gastgeber Ehsan am Shah-e Cheragh Schrein
Mit unserem Couchsurfing Gastgeber Ehsan am Shah-e Cheragh Schrein
Innenraum des Shah-e Cheragh Schreins
Innenraum des Shah-e Cheragh Schreins

Mit dem Islam haben Ehsan und seine Freunde aber nicht viel am Hut, so wendeten wir uns zurück in seiner WG wieder weltlichen Themen wie dem Abendessen zu. Johannes und ich hatten uns vorgenommen, ein deutsches Essen zu kochen, aber keine Energie mehr, uns stundenlang in die Küche zu stellen. So brieten wir Zwiebeln und Tomaten an, machten Spiegelei dazu, stopften das alles in Fladenbrote und verkauften es der hungrigen Meute als „Egg-Burger“. Das simple Gericht kam erstaunlich gut an und wir hatten noch einen lustigen Abend zusammen mit Ehsan, seinen Freunden und den beiden anderen Couchsurfing Gästen.

Ei-Burger in Ehsans WG beim Couchsurfing
Ei-Burger in Ehsans WG beim Couchsurfing

Am Ende des Abends zeigte uns Ehsan noch, welche Musik er so runtergeladen hatte, um deutsch zu lernen. Zum Spaß fragte ich, ob auch Roland Kaiser dabei wäre. Drei Klicks später trällerte der gute Roland tatsächlich aus dem Lautsprecher ins iranische WG-Zimmer hinein. Roland Kaiser in der Osttürkei, Roland Kaiser beim Couchsurfing im Iran, Roland Kaiser überall.

5 thoughts on “Shiraz – Couchsurfing, das erste Mal”

  1. Mensch Felix!

    Du bist der schlechteste Botschafter Deutschlands im Ausland. Dass du den Menschen Rotkohl mit Rinderbraten servierst finde ich sehr löblich, aber Roland Kaiser ist das Letzte. Der arme Ehsan kommt in zwei Wochen nach Deutschland und wird ganz stolz verkünden, dass er einen deutschen Musiker kennt… :-D

  2. Hey Felix,

    außergewöhnlich interessant und spannend – deine Berichte für uns Daheimgebliebenen und danke, dass wir dadurch einen
    realistischen Blick durchs Fenster in die Welt erhaschen
    ( vielleicht auch nur einen kleinen). Bleib dir und deiner Neugier treu – und : wer mit R.K. aufgewachsen ist, versteht dich :-))

  3. @Christian: Was hast du gegen Roland Kaiser? Ehsan hat sich zum Deutsch lernen neben dem guten Roland auch noch Rammstein reingefahren. Nu kannst du dir aussuchen, was geeigneter ist. :)

    @Kerstin: Genau, Santa Maria habe ich als Kind in Annaberg schon gesungen. Kay auch, da gibt’s sogar noch Audiobeweise von, wenn ich mich recht erinnere. :)

  4. Ah, jetzt versteh ich das: du bist auf R.K.-Mission unterwegs in der Welt: Rotkohl und Klöße, Roland und Kaiser. Und was kommt danach? ;-))

  5. Das war ja mal hochinteressant was wir beim Couchsurfing im Iran erlebt haben, vor allem haben sich jetzt unsere Ansichten über die Iraner grundlegend geändert. Die sind ja genau so wie wir.

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