Eigentlich wollte ich mir gestern nur ein Zugticket besorgen und eine Moschee anschauen. Doch der Tag verlief mal wieder völlig anders als gedacht.
Die Nummer mit dem Zettel klappte tatsächlich ganz gut, ich fand so den richtigen Bus und wurde sogleich wieder von einer Gruppe Studenten in Beschlag genommen. Einer von ihnen konnte ganz gut englisch, als ich ihn fragte, wieviel das Ticket kosten würde, meinte er: „I’ve already paid for you, you’re my guest!“ Als wir in der Nähe des Bahnhofs waren, ließ er es sich nicht ausreden, mit mir auszusteigen und mich bis vor den Eingang zu bringen. Wir unterhielten uns ein bisschen und ziemlich schnell machte auch er wieder seinem Unmut über die Regierung Luft.
Als ich mein Zugticket besorgt hatte, machte ich mich auf den Weg zur Blauen Moschee, die man sich in Tabriz wohl unbedingt anschauen soll. Es war auch ganz nett da, aber ich das Gefühl, die größten Highlights im Iran sind nicht irgendwelche Sehenswürdigkeiten, sondern die Begegnungen mit den Menschen hier.
Spontane Einladung zum Mittagsessen
Vor der Moschee fragte ich einen Typen so Mitte dreißig nach dem Weg zu einem Museum. Es stellte sich heraus, dass das Museum geschlossen war, aber wir kamen so ins Gespräch. Der Typ hieß Ehsan und meinte, er hätte Mittagspause und wollte gerade mit zwei Kollegen essen gehen. Er würde mich gern einladen, ob ich nicht mitkommen wollte. Ich war einverstanden und wir liefen zum Basar von Tabriz, der übrigens der größte überdachte Basar der Welt ist, und aßen in einem Restaurant leckere Fleischspieße.
Ehsan sprach perfekt Englisch, so dass wir uns ohne Probleme unterhalten konnten. Auch er hat einen dicken Hals auf die Regierung und ist seit drei Jahren dabei, sich auf eine eventuelle Ausreise nach Kanada vorzubereiten. Es gibt da irgend wohl ein Anwerbeprogramm für ausländische Fachkräfte, für das er sich als Webdesigner beworben hat. Er hat dafür englisch und französisch gelernt, aber immer noch keine Antwort bekommen. Ich finde es schon krass, dass alle jungen Leute, die ich bis jetzt hier getroffen habe, daran zu arbeiten scheinen, ihren großen Traum zu verwirklichen und endlich das Land zu verlassen.
Nach dem Essen, für das ich auch nach Protest nichts bezahlen durfte, führten mich die drei noch in ein Museum, in das ich wieder eingeladen wurde. Ich fragte, ob sie nicht mal wieder arbeiten müssten, aber sie ließen es sich nicht nehmen, mich noch weiter herumzuführen. Nach dem Museum wurde ich noch auf einen Tee ins Büro meiner drei Begleiter eingeladen.
74 Peitschenhiebe Strafe für Alkoholkonsum
Ehsan meinte, wenn ich heute Abend Zeit hätte, sollte ich zu ihm nach Hause kommen und schwarz gebrannten Schnaps mit ihm trinken. Ich fragte ihn, was die Strafe wäre, wenn man mit Alkohol erwischt werden würde und dachte eigentlich an eine Geldbuße. „74 Peitschenhiebe“, war seine Antwort. „Sehr schmerzhaft, es sei denn, man steckt dem Peitscher ein paar Scheine zu, dann zieht er nicht richtig durch.“ So verlockend sich das auch anhörte, also das mit dem Schnaps, ich hatte mein Zugticket schon in der Tasche und würde heute Abend nicht mehr in der Stadt sein. Ich bedankte mich für alles und wir verabschiedeten uns.
So fühlt sie sich also an, die berühmte iranische Gastfreundschaft. Es scheint so, als würde sich hier immer irgendjemand ein Bein dafür ausreißen, mir zu helfen, vor welchen Problemen ich auch immer stehen würde. Es ist ein wunderbares Gefühl, in diesem Land zu sein und seine wunderbaren Menschen kennen zu lernen.
Hey Felix,
schöne Grüße aus Essen. Lese regelmäßig deinen Blog. Spannend und fesselnd. Leider haben Jojo und ich unterschiedlich Ferien, sonst wär ich auch mit in den Iran geflogen. Aber du bist ja noch länger unterwegs. Halt die Ohren steif.
Bis bald,
Heynk
Hey Felix,
danke für den tollen Blog, lese ihn auch immer regelmäßig.
Na dann lass dich mal nicht beim Trinken erwischen.
Bei mir geht es nächstes Jahr auf Weltreise. Iran klingt wirklich interessant, werde dann erstmal nach Südamerika.
Viele Grüße
Björn
Hey Björn,
Danke für die Blumen. :) Südamerika ist auf jeden Fall auch super. Wenn ich irgendwann nächstes Jahr mal in Südostasien angekommen bin, wird das mein nächster Kontinent werden.
Viele Grüße,
Felix