Ich habe die letzten Tage bei Smile in seiner Studenten-WG gewohnt. Dort wurde ich so herzlich aufgenommen, wie man es sich nur vorstellen kann. Ich revanchierte mich mit einem exotischen Gericht.
Die berühmte kurdische Gastfreundschaft
Smile heißt eigentlich Ismail, aber weil das genauso wie „Smile“ ausgesprochen wird, nenne ich ihn einfach so. Ich erfuhr hier eine unglaubliche Gastfreundschaft. Smile ließ sich nicht davon abbringen, im Zimmer seines Mitbewohners zu schlafen um mir sein komplettes Zimmer zur Verfügung zu stellen. Gestern Morgen wurde ein leckeres Frühstück auf dem Boden ausgebreitet und ich wurde umsorgt wie ein Familienmitglied.
Smile wohnt hier zusammen mit drei Mitbewohnern, besonders lustig fand ich den bärtigen Sermus. Als er mir erzählte, dass er sechs Finger hätte und seine Hand zeigte, traute ich meinen Augen kaum. Ich zählte zweimal nach, aber beide Male bis sechs statt bis fünf. Ich fühlte, ob alle Finger echt waren, sie fühlten sich sehr echt an. Er hatte früher auch sechs Fußzehen an jedem Fuß, ließ sich aber jeweils einen operativ entfernen. Sein Vater und seine Brüder haben auch jeweils sechs Finger und sechs Zehen. Sachen gibt’s…
Gestern schaute ich mich mir die Festung von Van an und erledigte bisschen was organisatorisches. Ansonsten hatte ich nicht das Gefühl, allzu viel hier sehen zu müssen, die Stadt ist dann doch relativ unspektakulär. Das wirkliche Highlight war definitiv das Leben in der kurdischen Studenten-WG.
Abends kochte Smile ein traditionelles kurdisches Hühnchengericht, ich ließ es mir schmecken und wollte mich auf jeden Fall revanchieren, indem ich meine Kochkünste zum besten gab. Heute vormittag waren wir aber erstmal in der WG seiner Freundin Aise zum Frühstück eingeladen. Sie wohnt zusammen mit zwei Mitbewohnerinnen in Van, die drei waren auch supernett. Sie hatten gerade zwei Couchsurfer bei sich wohnen, mit denen ich heute zusammen einen Ausflug zur armenischen Kirche auf der Insel Akdamar machte.
Apfelrotkohl in Kurdistan
Dann wurde es Zeit für meinen großen Kochauftritt. Ich wollte den kurdischen Jungs etwas exotisches in Richtung deutsche Hausmannskost servieren und entschied mich für Rinderbraten mit Kartoffeln und Apfelrotkohl. Rotkohl isst man hier eigentlich nur roh, so dass es keinen fertigen im Glas zu kaufen gibt. Ich konsultierte chefkoch.de um rauszubekommen, wie man das selber hinkriegt. Bei den Zutaten und Gewürzen musste ich etwas improvisieren, weil nicht alles zu bekommen war. Ich hatte schon ein wenig Bammel, was dabei am Ende wohl rauskommen würde. Aber nachdem ich mich dreieinhalb Stunden in der Küche verausgabt hatte, war mir tatsächlich ein leckerer Braten und ein, wie ich fand, wunderbar aromatischer Rotkohl gelungen.
„Ja… er schmeckt… ziemlich anders!“
Der erste Kommentar von Smile, nachdem er den Kohl probiert hatte, war: „Ja… er schmeckt… ziemlich anders!“ Das Fleisch kam richtig gut an, die Kartoffeln wurden eher als Gemüsebeilage gesehen und stattdessen viel Brot dazu gegessen. Der Rotkohl fand nach anfänglicher Skepsis auch seine Abnehmer, aber ein bisschen Argwohn gegenüber den seltsam gekochten Kraut blieb doch. Wenn ich irgendwo mal wieder deutsches Essen präsentieren sollte, will ich die nächste Stufe zünden und mich an Thüringer Klößen versuchen, zwangsläufig ohne Kloßteig, komplett selbstgemacht.
Es war super, das echte einheimische Leben hier für ein paar Tage zu erleben, unter Leuten, die mich so herzlich aufgenommen haben, wie man es sich nur vorstellen kann. Solche Erfahrungen sind unbezahlbar und machen eine Reise für mich erst zu einer echten Reise. Morgen früh werde ich mich schließlich verabschieden, nicht nur von Smile und seiner WG, sondern nach über 6 Wochen auch von der Türkei. Dann geht es über die Grenze in den Iran. Dort erwartet mich sicher wieder eine ganz andere Welt, ich bin gespannt darauf und freue mich.
hi felix!
where are you ?
we spoke about you today at work.
we miss you felix :) . 6 finger sheyhmus too :)
take care