Mit Zelt, Ölkocher und etwas Essen einfach mal loslaufen, heute habe ich es getan. Gelandet bin ich im Wald hinter der verlassenen Geisterstadt Kayaköy, inzwischen ist es stockdunkel und totenstill.
Fetiye ist ziemlich touristisch, wenn auch in gerade noch so erträglichem Maße. Ist mir eigentlich auch egal, denn ich wollte sowieso nur für eine Nacht bleiben um mich heute zu Fuß mit meinem neuen Zelt auf den Lykischen Weg zu machen, ein 509 km langer Wanderweg, auf dem ich für ein paar Tage das erste Stück bestreiten will.
Meinen großen Rucksack ließ ich im Guesthouse, in den kleinen versuchte ich alles zu stopfen, was ich unterwegs brauchen würde. Schlafsack, Zelt, Schlafmatte, Klamotten, Essen, Wasser… es dauerte drei Stunden, bis ich eine Konstruktion gefunden hatte, um das alles darin oder außen darangebunden zu verstauen. Schließlich passte es, ich sollte mal an Deuter schreiben, dass der 18-Liter-Rucksack auch gefühlte 50 Liter fassen kann. :)
Heute Mittag setzte ich mich dann endlich in die Spur Richtung Kayaköy, einer verfallenen, unbewohnten Geisterstadt 9 km von Fetiye entfernt. Einst lebten hier 20.000 Griechen, die jedoch kurz nach dem 2. Weltkrieg vertrieben wurden. Die Ruinen der Stadt stehen heute unter Denkmalschutz.
Mein Weg führte mich zunächst an der Straße entlang aus Fetiye hinaus, dann auf einem Waldweg weiter, ein ganzes Stück lang ziemlich steil bergauf. Das Gewicht auf meinem Rücken machte sich ziemlich bemerkbar, mein Rucksack wog bestimmt so an die 10 Kilo.
Weiter ging es durch Pinienwälder mit wunderschönen Blicken über die bergige Landschaft bis ich im Dorf Keciler ankam. Dort hingen Trauben, Granatäpfel und Kaktusfrüchte über die Gartenzäune herunter, und ich ließ es mir gerne schmecken. Als ich die Kaktusfrucht schälte, erinnerte ich mich dunkel, dass man die kleinen Stacheln nicht berühren sollte. Ich merkte dann auch, was der Grund dafür war, denn die kleinen Widerhaken krallten sich so fies in meiner Haut fest, dass ich für den Rest des Tages damit beschäftigt war, sie wieder loszuwerden, sogar unter meiner Zunge blieben einige hängen.
Gegen 16 Uhr kam ich endlich in Kayaköy an. Geisterstadt trifft es auf jeden Fall ganz gut, die Atmosphäre war wirklich gespenstisch. Erst nach einer ganzen Weile traf ich auf andere Touristen, ansonsten nichts als verfallene Häuser und in der Mitte eine recht große griechisch-orthodoxe Kirche.
Allzu lange konnte ich mich dort aber nicht aufhalten, denn so langsam ging es auf den Sonnenuntergang zu und ich musste mir schleunigst ein Plätzchen für mein Zelt suchen, bevor es dunkel wurde. Ich füllte meine Wasservorräte nochmal auf und lief weiter Richtung Ölüdeniz, einem Strandort, den ich morgen erreichen will.
Nach einer halben Stunde fand ich in einem Pinienwäldchen ein recht ebenes Stück Boden und schlug mein Zelt zum ersten Mal auf, das zum Glück in Windeseile stand. Dann warf ich meinen kleinen Ölkocher an, zauberte mir Nudeln mit Zwiebel-Knoblauch-Paprika-Tomatensoße und schaufelte mir das Ergebnis mit einer Plastiktasse in den Mund, weil ich vergessen hatte, eine Gabel einzupacken.
Nun ist es stockdunkel und sowas von mucksmäuschenstill, wie ich es seit meiner Kindheit im Klingenthaler Quittenbach-Tal nur noch selten erlebt habe. Kein Mensch weit und breit zu hören oder zu sehen und selbst die Tieren scheinen eingeschlafen zu sein, man hört einfach überhaupt nichts mehr. Ist schon ein wenig gruselig, aber seltsamerweise fühle ich mich gleich viel sicherer und geborgener, sobald ich in meinem winzigen Zelt liege.