Die letzten drei Tage führten uns durch den Kaunergrat, den schwierigsten Teil der Alpenüberquerung.
Unfreiwillige Bergbesteigung
Von Piller aus stiegen wir steil auf zur auf 1980 Metern gelegenen Aifner-Alm. Dort fragte Johannes einen Wanderer nach dem weiteren Weg auf dem Kaunergrat. Doch es gab ein kleines Missverständnis, so dass der Wanderer uns in Richtung Aifnerspitze schickte, 2779 Meter hoch gelegen. Wir bemerkten den Irrtum erst, nachdem wir schon 400 Meter hochgeklettert waren. Dies bescherte uns eine eineinhalbstündige Extrarunde ausgerechnet auf der längsten Tagesetappen.
Doch so war es nun mal, wir stiegen wieder ab und kehrten zurück auf den richtigen Weg, den Dr. Angerer Höhenweg. Dieser führte uns auf ungefähr 2000 Metern Höhe über dem Tal entlang. In weiter Entfernung konnten wir riesige Gletscher sehen, von denen wir wussten, dass wir sie in wenigen Tagen erreichen würden. Zu diesem Zeitpunkt noch unvorstellbar.
Gnadenlos hoch und runter
Der Dr. Angerer Höhenweg zeichnet sich durch eine gewisse Gnadenlosigkeit aus. Mal schickt er einen 200 Meter steil nach oben, dass einem die Zunge aus dem Hals hängt, dann wieder hunderte Meter nach unten. Doch Kilometer um Kilometer und Stunde um Stunde kamen wir voran.
Unser Nachtlager erreichten wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit, die auf gut 1800 Metern gelegene Gsall-Alm. Die „Alm“ war eigentlich nur eine kleine, verschlossene Hütte in einem Tal, in dem weit und breit kein Mensch zu sehen war. Nur mit Mühe fanden wir eine einigermaßen gerade Stelle, auf der wir unsere Zelte aufschlagen konnten, aber immer noch so schräg, dass wir nachts immer an die Zeltwand rollten.
Am nächsten Morgen starteten wir zur schwierigsten Etappe auf dem Kaunergrat. Zunächst stand uns ein Aufstieg zur Verpeilhütte bevor, den wir aber frisch ausgeschlafen in Rekordzeit absolvierten. Nach einer kleinen Stärkung folgte nun der Aufstieg zum 3020 Meter hoch gelegenen Madatschjoch.
Und der hatte es in sich. Die ersten paar hundert Höhenmeter purzelten noch recht schnell. Doch bald wich das grüne Gras schroffen Geröllfeldern, auf denen es weiter nach oben ging. Die 17 Kilo auf meinem Rücken machten sich zunehmend bemerkbar und die dünnere Luft machte unsere Schritte zusehends langsamer. Der Schweiß rann uns von der Stirn, doch 2 Stunden später hatten wir das letzte Geröllfeld erreicht, das zum Joch führte.
Aufstieg auf Geröll am Kaunergrat
Es war steil, sehr steil, mindestens 45 Grad. Mitten im Geröllfeld war ein Stein mit einer Wegmarkierung zu sehen. Das sollte der Aufstieg sein? Kaum zu glauben, doch wir arbeiteten uns Schritt für Schritt über das Geröll nach oben. Immer wieder gaben die Steine unter uns nach und man musste Angst haben, alles ins Rutschen zu bringen und in die Tiefe gerissen zu werden. Nach 50 Metern kamen wir zu dem Schluss, dass es so nicht weiter ging. Johannes schaute sich um und entdeckte plötzlich, dass der Weg viel weiter rechts am Felsen hoch führte, gesichert mit einem Stahlseil.
An diesem Stahlseil arbeiteten wir uns nun nach oben. Nach einer anstrengenden halben Stunde erreichten wir schließlich das auf 3020 Metern gelegene Joch. Der Ausblick von dort war gigantisch. Links und rechts von uns ragten die Watze- und die Verpeilspitze empor, vor und hinter uns erstreckten sich vergletscherte Täler.
Klettersteig am 50-Meter-Abgrund
Dann ging es an den Abstieg zur Kaunergrathütte. Wir wussten, dass wir auf dem Weg einen recht sportlichen Klettersteig überwinden mussten. Ich hatte mit 10-20 Metern Höhe gerechnet, doch als wir ihn schließlich erreichten, mussten wir feststellen, dass es fast 50 Meter senkrecht nach unten ging. An einigen Stellen waren Leitern angebracht, ansonsten Trittstufen in den Fels geschlagen und ein Stahlseil daneben zum Festhalten. Meine Höhenangst hielt sich glücklicherweise in Grenzen, ich wusste einfach, dass ich da runter muss.
Als wir die Kaunergrathütte endlich erreichten, waren wir am Ende unserer Kräfte. In einem kurzen Moment des Wahnsinns planten wir, noch 4 Stunden weiter zur nächsten Hütte zu laufen, aber dieser Gedanke verflog bei Essen und Bier in Windeseile. Wir buchten uns ein Bett in der Hütte und ließen den Tag gechillt ausklingen.
1000 Meter hoch, 1000 Meter runter
Heute Morgen stiegen wir von der Kaunergrathütte über den Cottbusser Höhenweg ab nach Mittelberg. Es gab noch ein wenig Klettersteig, aber kein Vergleich mit der Wand vom Vortag. Nach einem langen Weg folgte nochmal ein deftiger Aufstieg: Über 1000 Höhenmeter hoch zur 2759 Meter hoch gelegenen Braunschweiger Hütte. Inzwischen sind wir das aber gewohnt, eigentlich geht es jeden Tag 1000 Meter runter und 1000 Meter hoch.
Nun liegen nochmal zwei deftige Tage vor uns, die uns jeweils auf 3000 Meter führen werden, bevor wir uns auf Merane zubewegen, den Schlusspunkt unserer Alpenüberquerung.
Super, auf der Aifner Spitze (die Kleine), dem Kaunergrad-Gletscher (Sind aber nur mit der Seilbahn hochgefahren) bzw. aufm Riffelsee waren wir mit unserer Family ebenfalls. Es einfach super sowas wieder zu lesen :D Gertraud Deutschmann, ein schöner Bericht :)
Ja, mei! Fertig und Fix an der Verpeilspitze! Ein wohlbekanntes Bild:-)